Börsen-Zeitung: Feine Unterschiede, Kommentar von Detlef Fechtner über die Haltung der Bundesregierung zum Euro-Rettungsschirm
Frankfurt (ots)
Frage an Radio Eriwan: Ist die Bundesregierung wirklich gegen eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms? Antwort: im Prinzip ja. Zumindest reagiert sie mit Abscheu und Empörung auf alles, was Aufstockung genannt wird. Gegen eine Erhöhung der Schlagkraft des Fonds hat sie aber prinzipiell keine Einwände. Und zwar nicht einmal dann, wenn zu diesem Zweck letztlich ihr Beitrag aufgestockt - oder sagen wir doch lieber: angepasst - werden müsste.
Sind also womöglich die Differenzen zwischen Deutschland und der EU-Kommission nur sprachliche Missverständnisse? Nein, sicher nicht. Zwar sollte sich niemand von den lautstarken Berliner Absagen an eine Aufstockung des EFSF in die Irre führen lassen. Denn auch die Bundesregierung ist bereit, dafür zu sorgen, dass die Kreditkapazität erhöht wird. Und das geht, wenn das Top-Rating gehalten werden soll, nur, indem die hinter dem Schirm stehenden Euro-Staaten mehr Geld ins Feuer stellen - ob durch höhere Garantiesummen, Nachschusspflichten oder Beiträge zum Eigenkapital.
Das heißt aber noch lange nicht, dass sich im Grunde alle bereits einig sind. Ganz im Gegenteil, es gibt jede Menge kleine, aber feine Unterschiede. Erstens, was das Timing angeht: Denn es ist durchaus von Belang, ob jetzt hastig eine Ausweitung des aktuellen Rettungsfonds durchgedrückt oder im März das Gesamtpaket, inklusive künftiger Gläubigerbeteiligung und schärferenPakts, fertig ausgehandelt wird. Zweitens, was den Spielraum angeht: Denn es ist ein großer Unterschied, ob die im Mai verhandelten 440 Mrd. Euro die Obergrenze bleiben (und nur effektiv ausgeschöpft werden) oder nicht. Belgien spricht bereits über eine Verdoppelung, und die Finanzmärkte träumen ohnehin von risikolosen Einsätzen unter einem Billionen-Schirm.
Und drittens, was die Bedingungen betrifft. Bislang gibt es Geld nur für Staaten, deren Regierungen dafür ihre finanzpolitische Souveränität aufgeben. Deshalb haben sich die Iren gewunden, deshalb wehren sich die Portugiesen. Wenn aber der Fonds auch Staatsanleihen aufkauft oder Kredit für eigene Anleihekäufe gewährt, ist es vorbei mit der Konditionalität.
Deutschland und die anderen Triple-A-Staaten haben daher gute Argumente für eine harte Linie in den Debatten über den Rettungsfonds. Denn der Begriff "Aufstockung" wird bisweilen unterschiedlich verstanden.
(Börsen-Zeitung, 18.1.2011)
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