Börsen-Zeitung: Drittklassig, Kommentar zu den neuen EU-Finanzaufsehern von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots)
Gewiss, der Grundgedanke des Europäischen Parlaments war nicht falsch. Es ist vernünftig, dass Europas Abgeordnete meutern, wenn sie merken, dass die nationalen Regierungen den Einfluss der neuen EU-Finanzaufsichtsbehörden gering halten wollen. Allerdings hätte sich das Parlament besser überlegen müssen, auf welche Art und Weise es sich für starke europäische Behörden einsetzt. Denn dann wäre ihm - und den Chefs der neuen Behörden - erspart geblieben, was sich in den vergangenen Tagen in Brüssel abspielte.
Dort wurden die Kandidaten für die Führung der neuen Ämter zunächst von EU-Abgeordneten kritisiert und als drittklassige Wahl verhöhnt. Gestern jedoch, nach eiligen Zusagen von Rat und Kommission, entschloss sich eine große Mehrheit der Abgeordneten doch dazu, die Kandidaten durchzuwinken. Etwas dreist war, dass einige so taten, als habe man den künftigen Behördenchefs damit sogar noch den Rücken gestärkt. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde. Das EU-Parlament muss sich die Frage gefallen lassen, ob es mit seiner sanften Erpressung tatsächlich erreicht hat, was es vorgibt, erreichen zu wollen. Denn wenn es dem EU-Parlament wirklich darum ging, eine durchsetzungsfähige europäische Finanzaufsicht zu unterstützen, dann haben die Abgeordneten mit ihrem Vorgehen der Sache eher geschadet. Für die Zusicherungen, die das Parlament der EU-Kommission und dem Rat hektisch abtrotzte, kann sich niemand etwas kaufen. EU-Kommissar Michel Barnier kündigt an, darauf achten zu wollen, dass die Behörden angemessen ausgestattet sind und das europäische Interesse nicht zu kurz kommt. Das ist nett formuliert. Aber ob es im Fall der Fälle nützt, weiß kein Mensch.
Gleichzeitig haben die EU-Abgeordneten mit ihrer Kampagne den Ruf des künftigen Führungspersonals massiv beschädigt. Für die drei neuen Spitzenbeamten dürfte es noch schwieriger werden, sich im täglichen Clinch mit nationalen Behörden zu behaupten. Gestern wurde die Vorsitzende des federführenden Ausschusses gefragt, wie denn eigentlich die Namen der Kandidaten seien, die man eben bestätigt habe. Sie konnte oder wollte darauf nicht sofort antworten. Das ist zum einen eine unnötige Beschädigung des Images der drei gekürten Vorsitzenden Maijoor, Bernardino und Enria. Und das ist zum anderen wirklich drittklassig.
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