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Börsen-Zeitung: Vernunftehe, Kommentar zur Fusionsvereinbarung von Nyse Euronext und Deutscher Börse von Claus Döring

Frankfurt (ots)

Euphorische Formulierungen verkniff sich Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni wohlweislich, als er das gestern von beiden Aufsichtsräten abgesegnete Fusionsvorhaben mit Nyse Euronext präsentierte. Denn sein Aufsichtsratsvorsitzender Manfred Gentz dürfte aus seiner Zeit als Daimler-Finanzchef noch den Spruch von der "Hochzeit im Himmel" im Ohr haben, als die der transatlantische Autobauer-Zusammenschluss von Daimler und Chrysler seinerzeit gepriesen wurde. Auch damals war offiziell vom Merger of Equals die Rede - jeder kennt das unrühmliche Ende.

Nicht erst seit dieser grandios gescheiterten Auto-Fusion haben länderübergreifende Konzernehen hierzulande einen schlechten Ruf. Dennoch war es höchste Zeit für den nochmaligen Versuch der Deutschen Börse zur Partnersuche. Beide Börsenbetreiber wissen schon länger, dass die Zeit gegen sie arbeitet. Dass sie von Dritten "konsolidiert" werden, falls sie nicht selbst rechtzeitig Allianzen oder Fusionen eingehen. Und dass ihr Wert und damit das Gewicht, das sie in einen Zusammenschluss einbringen, eher sinkt als wächst.

Sicher schwingt etwas Torschlusspanik mit. Aber es wäre trügerisch, angesichts derzeit noch ansehnlicher Gewinne des Deutsche-Börse-Konzerns zu glauben, man habe eine Fusion mit dem New Yorker Börsenbetreiber nicht nötig. Die Kritik, dass sich die Deutsche Börse mit einer in die Jahre gekommenen, fußkranken Ikone aus der alten Börsenwelt liiert, trifft zwar leider zu. Aber der Frankfurter Börsenbetreiber ist eben selbst nicht ausreichend attraktiv, um sich als Traumpartner eines der aufstrebenden asiatischen Marktplätze wie Hongkong oder Shanghai zu empfehlen. Nach der Vernunftehe zum dann weltführenden Börsenbetreiber könnte das anders aussehen, so die berechtigte Hoffnung.

Nicht nur für den amerikanischen Nationalstolz, auch für den Finanzplatz Deutschland ist das Fusionsvorhaben ein Nackenschlag. Zwar hat sich die Deutsche Börse bei der Finanzmarktförderung schon bisher nicht mit Ruhm bekleckert, was angesichts 80% angelsächsischer Aktionäre nicht verwundern kann. Doch ein globaler Börsenbetreiber wird noch weniger Anlass sehen, sich bei den kapitalmarktskeptischen deutschen Politikern für Aktienkultur und bessere Rahmenbedingungen am vergleichsweise kleinen deutschen Finanzmarkt ins Zeug zu legen.

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