Börsen-Zeitung: Bahn frei, Kommentar von Christopher Kalbhenn zur Aufgabe von Nasdaq und ICE im Kampf um Nyse Euronext
Frankfurt (ots)
Auf dem Weg zur Fusion mit der Nyse Euronext hat der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse, Reto Francioni, einen großen Sprung nach vorn gemacht. Denn mit dem Rückzug von Nasdaq OMX und Intercontinental Exchange (ICE) aus dem Kampf um die Nyse Euronext fällt das wohl wichtigste Hindernis bzw. größte Risiko für den Zusammenschluss weg.
Den Fusionspartnern wird es nun deutlich leichter fallen, ihre Aktionäre von ihrem Projekt zu überzeugen. Wenn die Eigner der Nyse Euronext am 7. Juli über die Fusion mit der Deutschen Börse abstimmen, steht das rechnerisch höhere Gebot von Nasdaq und ICE nicht mehr zur Verfügung. Sie haben nur noch zu entscheiden, ob ein Alleingang mehr Wert verspricht oder der Zusammenschluss mit der Deutschen Börse. Die Entscheidung dürfte angesichts der wesentlich besseren Aufstellung des aus der Fusion hervorgehenden Börsenriesen nicht sonderlich schwerfallen. Wenn die zu erwartende Mehrheit bei der Hauptversammlung zustande kommt, werden anschließend wahrscheinlich auch die Aktionäre der Deutschen Börse, die das Gebot der Fusionsholding Alpha Beta Netherlands bis dahin noch nicht angenommen haben, ihre Anteile andienen.
Jedoch sind noch längst nicht alle Hürden genommen. So muss u.a. noch die EU-Kommission grünes Licht geben, was angesichts der Tatsache, dass das neue Unternehmen mit Eurex und Nyse Liffe einen Marktanteil von mehr als 90% am börslichen Derivatehandel Europas hat, kein leichtes Spiel wird. Nasdaq OMX und ICE haben ihren Rückzug mit ebensolchen Risiken begründet, d.h. mit einer sich anbahnenden bzw. durch die Regulatoren signalisierten Ablehnung der Fusion von Nasdaq und Nyse. Denn durch den Zusammenschluss wäre ein Listing-Monopol am amerikanischen Aktienmarkt entstanden.
Doch das ist nicht das einzige Risiko, dem Nasdaq OMX und ICE ausgesetzt waren. Möglicherweise hat noch ein anderes Motiv beide Börsen zu dem zu diesem Zeitpunkt doch sehr überraschenden Schritt motiviert. Ihr Gebot wies gravierende Schwächen auf, darunter eine deutlich erhöhte Verschuldung der neuen Nasdaq/Nyse. Vor diesem Hintergrund könnten Investoren signalisiert haben, die Fusion der Nyse Euronext mit der Deutschen Börse zu favorisieren. Sich wegen vermeintlich unüberwindbarer regulatorischer Hürden zurückzuziehen ist sicherlich weniger schädlich fürs Image als eine krachende Niederlage auf der Hauptversammlung der Nyse Euronext.
(Börsen-Zeitung, 17.5.2011)
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