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Börsen-Zeitung: Frankreich wird angeschossen, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots)

An den Finanzmärkten überschlagen sich die Ereignisse. In Sachen Staatsschuldenkrise ist nun auch noch Frankreich und damit einer der stärksten Staaten der Eurozone ins Visier der Märkte geraten. Zum Teil erhebliche Spread-Ausweitungen der CDS auf das französische Staatskreditrisiko waren zu beobachten. Auf lediglich kurze Erholungsphasen folgte an den Märkten immer wieder eine Phase der Spread-Ausweitungen - erneut trotz aller Versuche der Politik, die Märkte zu beruhigen. Beeindruckend bzw. erschreckend ist, mit welcher Schnelligkeit sich die Entwicklungen derzeit vollziehen. Wer hätte vor rund zwei Wochen schon angenommen, dass Frankreich binnen so kurzer Zeit an den Märkten unter Druck geraten könnte?

Immer noch Triple-A

Mit Blick auf Frankreich geht es auch nicht um den Aspekt, ob die Franzosen bald ebenfalls den Rettungsschirm benötigen werden. Der französische Staat hat ein Triple-A-Rating, und zwar bei allen drei Ratingagenturen. Der Ausblick für die Kreditwürdigkeit ist stabil - ebenfalls bei allen drei Agenturen. Das wurde seitens der Bonitätswächter auch nochmals klargestellt, als Gerüchte über einen Entzug der Top-Bonität kursierten. Diese Sorge verschwand denn auch schnell wieder im Markthintergrund. Eine Downgrade-Diskussion ist damit erst mal in die Ferne gerückt. Stellt sich nur die Frage: für wie lange?

Auch die eigene Refinanzierung Frankreichs wird von den Märkten keinesfalls in Frage gestellt - zumindest gegenwärtig nicht. Die französischen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit rentieren gegenwärtig auf einem Niveau unterhalb von 3%. Am Freitag waren es 2,98%. Das entspricht einem Spread zu den Bundesanleihen - der Benchmark der Eurozone - von 66 Basispunkten (BP). Frankreich ist bei diesem Renditeniveau noch weit entfernt von Refinanzierungsschwierigkeiten, die etwa auf zu hohe Marktrenditen zurückzuführen wären. Zum Vergleich: Bei Spanien und Italien wurde etwa bei Renditen von 6,5% von untragbaren Niveaus gesprochen.

Sorgen bereitet den Marktakteuren ein ganz anderer Aspekt. Frankreich ist der zweitgrößte Garantiegeber beim Europäischen Rettungsfonds EFSF (European Financial Stability Facility). Und genau um diese Fähigkeit, noch marktüberzeugend Garantien stellen zu können, geht es beim Blick auf Frankreich. Sollten die französischen Staatsanleihen aufgrund eines nachhaltig negativen Marktsentiments - ob nun aus Sicht der Politik begründet oder unbegründet - abrutschen, könnte an den Märkten auch schnell die Fähigkeit des Landes, Garantien zu leisten, in Frage gestellt werden. Derzeit kauft die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen der Länder Italien und Spanien auf, um die Renditen zu drücken und den beiden Staaten die Refinanzierungswege über die Märkte weiterhin zu ebnen. Diese Anleihen werden später aber an die EFSF gehen. Sie soll selbst Staatsanleihen an den Märkten kaufen können. Diese Beschlüsse des jüngsten Euro-Gipfels müssen aber erst noch von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden. Dabei geht es auch um die Erhöhung des Volumens der EFSF. Angesichts des aufzukaufenden Bond-Volumens gehen nun schon Marktteilnehmer davon aus, dass das Kapitalvolumen der EFSF nicht ausreichend sein wird.

Zusätzliche Garantien müssten her. Es könnte aber auch zu Cash-Zahlungen an die EFSF kommen. Und genau das wird jetzt schon an den Märkten in Zweifel gezogen. Frankreich könnte, sofern die Anleihen doch abrutschen, irgendwann nicht mehr in der Lage sein, Gelder über die Märkte zu besorgen, weil es zu teuer wird. Garantien könnten die Märkte nicht mehr überzeugen, wenn Frankreichs Bonität doch abrutschen sollte. Angesichts der Tatsache, dass diese Beschlüsse von den Parlamenten noch nicht einmal abgesegnet sind, ist der Vorgriff der Märkte schon recht beeindruckend.

Implikationen für die EFSF

Die Implikationen eines derartigen Szenarios, das - zumindest aus heutiger Sicht - in weiter Zukunft liegt, werden auch schon durchgespielt. Was passiert, wenn Frankreich doch das Triple-A verliert? Im Blick haben die Akteure dann wiederum die EFSF, die dann ebenfalls heruntergestuft werden könnte. Credit Suisse meint etwa, dass der Rettungsfonds dann aber noch weiterarbeiten könnte wie bisher. Allerdings wird auch bei der Credit Suisse schon auf die höheren Funding-Kosten hingewiesen. Geschätzt wird, dass die EFSF um 100 BP höhere Refinanzierungskosten hätte. Nicht unbedingt eine gute Nachricht für die Rettungsländer.

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