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Börsen-Zeitung: Gegenwart gegen Zukunft, Kommentar zum Strategieschwenk im Gashandel bei der BASF, von Sabine Wadewitz.

Frankfurt (ots)

Es war ein langer und steiniger Weg, auf dem BASF ihre Position im Gashandel aufgebaut hat. In einem einst monopolistischen Markt gegen große Widerstände ist der weltgrößte Chemiekonzern beharrlich vorangegangen, einerseits um die Macht des Platzhirschs Ruhrgas zu brechen, andererseits um die eigene Versorgung mit dem Rohstoff abzusichern.

Mit einem Marktanteil von 20% gehört die Tochter Wingas heute zu den größten Erdgasversorgern hierzulande und erzielt zudem beträchtliches Geschäft in anderen europäischen Ländern. Dass dieses gehätschelte Kind nun komplett dem Partner Gazprom überlassen wird, ist ein außergewöhnlicher Strategieschwenk - auch wenn an der russisch-deutschen Großfamilie nicht gerüttelt wird.

BASF signalisiert seit geraumer Zeit, dass für die Energietochter Wintershall das Fördergeschäft mit Öl und Gas Priorität hat. Erst kürzlich hat der Konzern mit Statoil einen Beteiligungstausch festgezurrt und sich Zugriff auf bereits produzierende Quellen verschafft und dafür Anteile an noch zu erschließenden Reserven hergegeben. Während BASF in Norwegen Zukunft gegen Gegenwart tauschte, läuft es im jetzt vereinbarten Deal mit Gazprom umgekehrt. Ein entwickelter Gashandel wird ersetzt mit Förderaktivitäten, die 2016 erst anlaufen sollen. Aber das soll sich rechnen, denn BASF wechselt margenschwaches Geschäft in renditestarkes. Gazprom wiederum, die seit langem danach strebt, beim europäischen Endkunden zu landen, vermag als Rohstoffkonzern hier ganz anders zu kalkulieren, sodass beide profitieren.

Dass die Attraktivität des Gashandels abnimmt, ist auch der Regulierung, sprich den verordneten Durchleitungskonditionen, geschuldet. Zwar hält die BASF - noch - am Gastransportgeschäft fest, doch auch hier wird angedeutet, dass mit Blick auf die EU-Regulierung das Interesse schwindet. Anders als in den Aufbaujahren, als das Monopol hierzulande geknackt werden musste, hängt der Chemiekonzern für die Selbstversorgung nicht mehr vom eigenen Netz ab, weil die liberalisierten und liquiden Märkte Flexibilität bieten. Die interne Absicherung gegen Öl- und Gaspreisschwankungen ist mit dem Explorations- und Fördergeschäft indes weiterhin gegeben.

Bleibt der Grusel, der einen als Beobachter immer bei großen Deals in Russland überfällt - wenn man etwa an die jüngsten Erfahrungen von BP denkt. Indem BASF eine deutsche Beteiligung gegen sibirische Assets tauscht, setzt sich der Konzern auch stärker diesen Gefahren aus.

(Börsen-Zeitung, 15.11.2012)

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