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Börsen-Zeitung: Aus der Schublade, Kommentar zur Aktienrechtsnovelle, von Angela Wefers.

Frankfurt (ots)

Auch wenn der Politik der Ruf vorauseilt, sie debattiere viel und komme nur langsam voran: Mehr als ungewöhnlich ist es schon, wenn zwischen Kabinettsbeschluss und erster Lesung im Bundestag fast ein Jahr vergeht. Dieses Schicksal hat indessen die "kleine Aktienrechtsnovelle" ereilt. Der Bundestag setzte den Entwurf nun endlich auf die Tagesordnung, behandelte ihn aber ohne Debatte - und flog damit unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung hindurch.

Dabei muss sich die Novelle überhaupt nicht verstecken. Sie bringt zwar keine Revolution im Aktienrecht und will es auch nicht. Sie beseitigt aber eklatante Defizite bei der Kapitalbeschaffung von Unternehmen, die in der Finanzkrise offenbar geworden sind. Die Reform legt die gesellschaftsrechtliche Basis, damit sich Unternehmen künftig besser gegen Krisen wappnen können.

Dabei geht es um die Erkenntnis, dass prozyklische Effekte eine Krisenlage noch verschärfen können. Dies trifft besonders für Banken und Finanzinstitute zu. Hat ein Unternehmen Contingent Capital - sozusagen Kapital für alle Fälle -, kann es in einer Notsituation darauf zurückgreifen und seine Widerstandskraft stärken. Der Gesetzentwurf regelt nun ausdrücklich, dass auch der Schuldner einer Wandelanleihe das Recht auf Wandlung hat, und senkt den Aufwand für Pflichtwandlungen. Das Gesetz ebnet damit den Weg für einen geräuschlosen Debt-Equity-Swap - etwa wenn bestimmte Eigenkapitalvorgaben verletzt würden. Ähnliche Überlegungen treffen auf die neue Gattung nicht nachzahlbarer Vorzugsaktien zu. Ohne die Pflicht, Dividenden nachzuzahlen, können diese Aktien als Kernkapital dienen.

Zwischen Kabinettsbeschluss und der Beratung im Bundestag gab es keine inhaltlichen Änderungen, weil die Technik eines Gesetzgebungsverfahrens diese gar nicht zulässt. Dies bleibt den nun anstehenden Beratungen im Rechtsausschuss vorbehalten. Dort plant die schwarz-gelben Koalition, den Entwurf um Verfahrenserleichterungen im Umwandlungsrecht wirtschaftsfreundlich zu ergänzen - nicht ganz so sehr, wie die Wirtschaft es wünscht, aber immerhin. Um dies "in einem Aufwasch" mit der Aktienrechtsnovelle beraten zu können, musste diese so lange wieder in die Schublade und warten. Etwas unverständlich bleibt dennoch, warum die Koalition ein durchaus nach vorn gerichtetes Gesetz so stiefmütterlich behandelt. Sie könnte doch damit in der Debatte über nötige Reformen in der Finanzkrise herrlich punkten.

(Börsen-Zeitung, 30.11.2012)

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