Börsen-Zeitung: Lawinengefahr, Kommentar zur Managervergütung von Claus Döring
Frankfurt (ots)
Die Schweizer Volksabstimmung zur Managervergütung droht eine Lawine auszulösen, die sich über die eidgenössischen Täler bis ins politische Flachland Deutschlands ausrollt. In Wahlkampf-Deutschland wollen alle Parteien etwas von jener Energie abbekommen, die sich in dem klaren Plebiszit ausdrückt und ganz offensichtlich Gemüter und Wahlbürger bewegt. Allzu leicht wird dabei vergessen, dass es in Deutschland und anderen EU-Ländern längst Spielregeln zur Vorstandsvergütung sowie Vorschläge zu ihrer Weiterentwicklung gibt, während sie in der Schweiz nun erst geschaffen werden sollen.
Das Grundanliegen, die Aktionäre und damit die Eigentümer über die Bezahlung ihrer angestellten Spitzenmanager entscheiden zu lassen, ist absolut richtig und beruht auf den Eigentumsrechten einer Marktwirtschaft. Die Frage ist aber, ob diese Entscheidung erstens im Jahresrhythmus und zweitens jeweils von allen Aktionären in der Hauptversammlung getroffen werden soll.
Wann Vorstandsbezüge als "angemessen" gelten können, haben früher schon das deutsche Aktiengesetz und seit 2009 das Vorstandsvergütungsgesetz dem Aufsichtsrat zur Beurteilung überlassen. Aus gutem Grund, denn Vorstandsgehälter lassen sich weder durch Angebot und Nachfrage noch durch Kennziffern wie der Grenzproduktivität eines Vorstands ermitteln. Man muss also einen sachverständigen und intensiven Blick auf das Unternehmen, die Branche und die Vorstandsleistung haben, um beurteilen zu können, wann Angemessenheit in Abzockerei umschlägt.
Eine so schwierige Frage dem Plebiszit der Aktionäre zu überantworten, mag die Schweizer Seele streicheln, führt aber zu völlig falschen Anreizen im Management. In Kombination mit der jährlichen Abstimmung droht ein an kurzfristiger Performance orientiertes Schaulaufen der Vorstände, das man seit Ausbruch der Finanzkrise durch den Einbau langfristiger Vergütungskomponenten hierzulande ja gerade beseitigt hat.
Die Finanzkrise hat gezeigt, dass die "Gier" von Investoren nicht weniger gefährlich ist als die "Gier" von Managern. Bei vielen Unternehmen dominieren institutionelle Investoren oder Familienaktionäre die Eigentümerseite. Beide haben nicht automatisch das langfristige Unternehmenswohl und die berechtigten Interessen von Minderheitsaktionären im Auge. Deswegen sind Transparenz und Verantwortung wie auch Unabhängigkeit des Kontrollgremiums wichtiger als Gehälterdeckelungen und Prämienverbote.
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