Börsen-Zeitung: Zum Schleuderpreis, Kommentar zu den Konditionen der Commerzbank-Kapitalerhöhung, von Bernd Neubacher.
Frankfurt (ots)
Kaum hat die Commerzbank mit einer Aktienzusammenlegung im Verhältnis 10:1 ihren Kurs über die für eine Kapitalerhöhung erforderliche Schwelle gehievt, geht die Notierung wieder auf Talfahrt. Nachdem die Bank am Dienstag die Konditionen für ihre Kapitalerhöhung genannt hatte, schlossen ihre Anteilsscheine gut 6% leichter. Den emissionsbedingten Reverse Split vor 20 Tagen herausgerechnet, ist der Kurs damit bei 93 Cent angekommen. Vor nicht allzu langer Zeit, als die Titel noch rund 1,50 Euro kosteten, spaßte man noch, ein Kauf der Aktie lohne sich schon deshalb, weil ihr Preis unter dem der Aktionären auf Hauptversammlungen gereichten Wurst liege. Für die splitbereinigt 45 Cent, zu welchen die neuen Aktien nun in den Markt gedrückt werden, bekommt man im Supermarkt nicht einmal mehr eine Packung Margarine (79 Cent), einen Beutel Hirse-Reis-Mais-Waffeln (69 Cent) oder gar eine Tüte Milch (59 Cent). Deren Halbwertzeit gleiche jener der Ankündigungen von Commerzbank-Chef Martin Blessing, beklagte sich ein Aktionär auf der jüngsten Hauptversammlung.
Fürwahr: Wenn die zweitgrößte Bank der Wirtschaftsmacht Deutschland in einer Zeit, in welcher finanzielle Repression Hinz und Kunz in Sachwerte treibt und der Dax von Rekord zu Rekord eilt, ihre Aktien dermaßen verscherbeln muss, dann sagt dies etwas aus über die Commerzbank, und zugleich über die Relationen ihrer Kapitalerhöhung: Um wie angekündigt 2,5 Mrd. Euro brutto erlösen zu können, muss die Bank die Zahl der umlaufenden Aktien beinahe verdoppeln.
Die neuen Aktien werden zum Schleuderpreis ausgegeben, ein Schnäppchen sind sie deshalb nicht. Dass die Bank die Transaktion vor allem mit dem Drang begründet, sich jährliche Zahlungen von 200 Mill. Euro zur Bedienung stiller Einlagen des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) und der Allianz zu sparen, zeigt, wie stark das Ergebnis unter Druck steht bei der in der Restrukturierung steckenden Bank, deren Aktien der Soffin gerade im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr in der Bilanz abgeschrieben hat. Die Summe von 200 Mill. Euro entspricht 22% des Vorsteuergewinns sowie dem 33-fachen Konzernergebnis 2012.
Nicht nur deshalb braucht es für die Vermarktung der Aktien gute Argumente. Schließlich sollen Anleger - im Zuge der nun schon zweiten Kapitalerhöhung der Bank mit vorgeschalteter Herabsetzung des Grundkapitals in zwei Jahren - Stücke einer Emittentin zeichnen, die ihre Anteilseigner zur Ader lässt wie kaum eine zweite.
(Börsen-Zeitung, 15.5.2013)
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