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Börsen-Zeitung: Auf Tuchfühlung zum Rekord, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Niemand hätte es dem Dax in der abgeschlossenen Woche übelnehmen können, wenn er verschreckt auf Tauchfahrt gegangen wäre. Doch das Gegenteil ist geschehen. Obwohl er von einer Reihe verunsichernder Faktoren bedrängt wurde, hat sich der Index bemerkenswert robust gezeigt. Am Donnerstag ging er mit seinem Wochenhoch sogar auf Tuchfühlung zum Rekord vom 21. Januar. Nur noch rund 100 Zähler oder etwas mehr als 1% fehlten bis zu einem neuen Höchststand.

Dabei hatte sich die amerikanische Zentralbank Fed am Abend zuvor an einer der Grundfesten der Optimisten für das laufende Jahr vergriffen. Hatten sich die Marktteilnehmer nach dem Start des Tapering damit getröstet, dass damit noch längst keine echte geldpolitische Verhärtung einhergeht und eine Leitzinssenkung erst irgendwann ab Mitte 2015 ansteht, traf die Fed mit dem Protokoll der zurückliegenden zinspolitischen Tagung die rhetorische Vorbereitung der ersten Zinsanhebung. Sie veröffentlichte eine Diskussion über den Leitzins und teilte zudem mit, dass einige Mitglieder des für die Geldpolitik zuständigen Gremiums sogar eine frühzeitige Leitzinserhöhung für vorstellbar halten.

Die Erkenntnis, dass die Leitzinswende in den USA möglicherweise früher kommt als bislang erwartet, konnte den Aktienmarkt jedoch ebenso wenig nachhaltig beeinträchtigen wie etliche andere Belastungen. Dazu zählen neben erneut beunruhigenden Daten aus China die anhaltenden Schwellenländerturbulenzen, wobei der Fokus sich auf die Unruhen in der Ukraine verschoben hat, die verstärkt auf den Rubel und die mittelosteuropäischen Währungen ausstrahlt. Insbesondere die Talfahrt des Rubel auf immer neue Rekordtiefen zum Euro ist angesichts der stark gestiegenen Ausfuhren nach Russland gerade für den deutschen Aktienmarkt nicht unerheblich. Nicht zuletzt hat die Berichtssaison ein durchwachsenes Bild geboten und waren einige Unternehmensausblicke eben wegen der Währungsproblematik eher skeptisch angehaucht.

Dennoch lag der Dax am Freitag nur 137 Punkte unterhalb des Rekordhochs. Ob allerdings diese kurze Strecke in nächster Zeit auch noch geschafft oder sogar die Schwelle von 10.000 Zählern erreicht wird, ist jedoch fraglich. Trüben sich die Aussichten für dieses Jahr durch die Schwellenländerturbulenzen oder erneut enttäuschende Konjunkturdaten weiter ein, dürfte der Durchbruch nach oben auf sich warten lassen.

Die Commerzbank befürchtet, dass genau dies geschehen wird: "Wir gehen davon aus, dass fallende Dax-Gewinnerwartungen und Sorgen um die Emerging Markets die Aktienmärkte zunächst weiter bremsen werden." So seien die Gewinnerwartungen für den Dax für das Geschäftsjahr 2014 im vergangenen Quartal nochmals von 740 auf 723 Punkte nach unten revidiert worden.

Dabei hätten die Analysten für 105 der 160 Unternehmen im HDax und SDax ihre Gewinnschätzungen gesenkt. In den Emerging Markets rücke das Schattenbankensystem in China zunehmend in das Blickfeld der Aktieninvestoren. Das Institut verweist auf die "Trust Loans". In ihnen würden Kredite für einzelne Unternehmen von Trustbanken arrangiert und durch den Verkauf von Anlageprodukten an vermögende Privatkunden refinanziert.

Vor allem der Mai werde möglicherweise ein kritischer Monat, wenn eine relativ große Zahl der "Trust Loans" fällig wird. "Negative Trends in den Emerging Markets könnten daher neben fallenden Dax-Gewinnerwartungen ein wichtiger Grund bleiben, warum sich der Dax in den kommenden Monaten seitwärts bewegen sollte." Die WGZ Bank ist zwar grundsätzlich optimistisch und sieht den Dax in zwölf Monaten bei 10.300 Punkten. Zunächst erwartet aber auch sie eine eher gehemmte Entwicklung. Die Aktienmärkte bewegten sich in zunehmend volatilem Fahrwasser, die Marktteilnehmer seien ein wenig beunruhigt, und möglicherweise werde die jüngste Schaukelbörse noch einige Zeit anhalten.

Denn die Konjunkturdaten aus Amerika seien mittlerweile nicht mehr ganz so positiv, und auch in China gebe es Schwächeanzeichen. Zudem sei die Bilanzsaison kein Selbstläufer, obwohl die Finanzdaten teilweise sehr ansprechend ausfielen. "Dennoch sorgen die oftmals verhaltenen Unternehmensprognosen für Bruchlandungen, gleichzeitig verdeutlichen die Umsatzzahlen den Einfluss der bisherigen Wechselkursschwäche aus den Emerging Markets", so die Strategen, die auf den mit Enttäuschung aufgenommenen Ausblick von Henkel verweisen.

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