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Börsen-Zeitung: Blessings Pragmatismus, Kommentar zu Euroland-Bonds von Claus Döring

Frankfurt (ots)

Natürlich kann man permanente Gesetzesverstöße aus der Welt schaffen, indem man einfach die störenden Gesetze kassiert - oder, um es mit Commerzbank-Chef Martin Blessing zu formulieren, "reine Wunschvorstellungen" durch "pragmatisches Politikverständnis" ersetzt. Letzteres ist der Kern des Blessing'schen Vorschlags zur Schaffung von Euroland-Bonds und damit der Institutionalisierung der Schuldenvergemeinschaftung in Euroland. Seinen Meinungsumschwung begründet Blessing, der bisher Euroland-Bonds erst am Ende des Prozesses zur politischen Union für sinnvoll hielt, damit, dass die Gemeinschaftshaftung durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und durch die Geldpolitik der EZB längst Realität sei.

Blessing Analyse trifft - leider - zu, seine Schlussfolgerung ist gleichwohl falsch und gefährlich. Erstens gibt es keinen Grund zur Neuauflage einer Debatte, die längst geführt und entschieden ist, auch dank des Bundesverfassungsgerichts. Zweitens wäre die von Blessing vorgeschlagene Umwandlung des ESM in eine europäische Schuldenagentur ein weiterer Versuch, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Denn es würde eine nicht mehr an strikte Auflagen geknüpfte Gemeinschaftshaftung etabliert in einer Zeit, in der sich die Vision einer dies rechtfertigenden politischen Union weitgehend verflüchtigt hat. Und drittens würde der angedachte Aufkauf solcher Euroland-Bonds durch die EZB die Euro-Hüter endgültig zum Erfüllungsgehilfen der Fiskalpolitik umfunktionieren.

Wer glaubt, dass sich die Emission solcher Euroland-Bonds auf eine Quote von beispielsweise 25% des Bruttoinlandsprodukts limitieren ließe und jenseits der Quote höhere länderspezifische Zinsen gezahlt würden, hat das Gezerre um EFSF, ESM, Troika und die EZB-Anleihekäufe wohl schon vergessen. Wer den Schuldenmachern den kleinen Finger reicht, wird erleben, dass sie nach dem ganzen Arm greifen.

Mag sein, dass man als Chef einer Bank, die mit Milliarden vom Staat gerettet werden musste, mit der Inhaftungnahme des Steuerzahlers wenig Probleme hat. Mag zudem sein, dass Banken wie auch Staaten, die auf das ihnen zur Verfügung gestellte Kapital möglichst keine Zinsen zahlen wollen, eine politische Kontrolle als angenehmer empfinden als die Peitsche des Kapitalmarkts. Aber es darf nicht sein, dass die Prinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung, in der Risiko und Haftung zusammengehören, einem falsch verstandenen "Pragmatismus" geopfert werden.

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