Börsen-Zeitung: Euroland will sehen, Kommentar zu Griechenland von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots)
Der Poker um die finanzielle Zukunft von Griechenland geht in die entscheidende Runde. Heute stellt sich Premier Alexis Tsipras einer Vertrauensabstimmung, morgen steht Finanzminister Giannis Varoufakis seinen Euro-Amtskollegen Rede und Antwort, tags drauf trifft Tsipras beim EU-Gipfel auf Kanzlerin Angela Merkel und die anderen EU-Chefs. In sechs Tagen schließlich haben die Finanzminister eine letzte Chance, bei der Eurogruppe zu verhindern, dass Hellas ab 1. März ohne finanzielle Rückendeckung dasteht. Danach wird es schwierig - und verdammt riskant.
Gewiss, theoretisch könnte man auch noch im März oder April ein neues Hilfspaket beraten. Aber ob das Land überhaupt bis dahin finanziell durchhalten würde, ist fraglich. Wenn nämlich bis nächsten Montag keine Vereinbarung steht, werden noch mehr Griechen keine Steuern zahlen, noch mehr Sparer ihre Konten leeren, sich noch mehr Investoren abkehren, noch mehr Zulieferer ihre Sendungen stoppen. In anderen Worten: Wenn eine Verständigung in den nächsten Tagen misslingt, hängt das finanzielle Schicksal nicht mehr nur vom Willen der Politik ab, sondern in zunehmendem Maß von Entwicklungen, die nicht mehr von der Athener Regierung oder der Eurogruppe gesteuert werden.
Tsipras verlangt eine Brückenfinanzierung. Das klingt harmlos, bedeutet aber nichts anderes als neue Milliarden ohne Konditionalität und ohne Troika. Das ist rechtlich nicht vorgesehen, politisch nicht gewollt - hat also kaum Erfolgschancen, zumal Einstimmigkeit nötig ist.
Aller Voraussicht nach wird der Poker deshalb in wenigen Tagen zum Abschluss kommen: Euroland will sehen. Athen kann zwar darauf hoffen, von der Eurogruppe eine Reihe von Zugeständnissen zu erhalten - längere Laufzeiten, niedrigere Zinsen, geringere Vorgaben für den Primärüberschuss, Spielräume für Verschiebungen bei Reformen und Sparmaßnahmen, Änderungen in der Praxis der Kontrollen. Wahrscheinlich wären die Euro-Partner sogar bereit, schönfärberische Begriffe wie "Überbrückungsverpflichtungen" zu akzeptieren, wenn es damit für die Regierung einfacher wäre, Zusagen einzugehen und vor ihren Wählern zu rechtfertigen. Aber im Gegenzug muss sich Athen klar dazu bekennen, das Land zu reformieren, sparsam zu haushalten und zu akzeptieren, dass die Kapitalgeber prüfen dürfen, ob ihr das tatsächlich gelingt.
Tsipras hat am Sonntag bekräftigt, dazu nicht bereit zu sein. Bleibt er dabei, stehen der Eurozone unruhige Zeiten bevor - und Griechenland eine Katastrophe.
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