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Börsen-Zeitung: Frankenstein lässt grüßen, Kommentar zu Nokia/Alcatel-Lucent von Andreas Hippin

Frankfurt (ots)

Kein Tag vergeht, ohne dass eine neue Großübernahme angekündigt wird. Längst hat das Fusionsfieber auch die Technologiebranche erreicht. Der Chiphersteller NXP schluckte den Rivalen Freescale, Hewlett-Packard kaufte sich Aruba Networks. Nun räumten Nokia und Alcatel-Lucent ein, über einen Zusammenschluss zu verhandeln. Allerdings könnte die Übernahme des französischen Technologiekonzerns, der vor rund einem Jahrzehnt aus der Fusion von Alcatel und Lucent Technologies entstand, am Preis scheitern - wie zuletzt Gespräche zwischen Intel und dem kleineren US-Halbleiterproduzenten Altera.

Es ist nicht das erste Mal, dass das finnische Unternehmen, das einst der größte Handyproduzent der Welt war, mit der CAC-40-Gesellschaft verhandelt. Vor zwei Jahren war es den Finnen vermutlich zu teuer, bei einem Kauf auch die Kosten des von Michel Combes angeleierten Konzernumbaus zu übernehmen. Den Herauskauf von Siemens aus dem Joint Venture NSN Networks vor zwei Jahren hat man in Helsinki bis heute nicht verdaut. Entsprechend groß dürfte die Zurückhaltung bei der Höhe des Angebots sein - mögen die beteiligten Investmentbanker angesichts des Traumpaars auch noch so sehr ins Schwärmen geraten.

Die Gefahr ist groß, dass aus all den Komponenten eine Firma zusammengeschustert würde, an der lediglich Viktor Frankenstein seine Freude hätte. Für die Führung von Alcatel-Lucent wäre es vermutlich interessanter, Nokia lediglich die schwächelnde Mobilfunksparte zu überlassen, um sich ganz auf Wachstumsfelder wie die flexible Netzwerktechnologie SDN (Software Defined Networking) konzentrieren zu können. Die Wende ist für sie geschafft, allein das Altgeschäft belastet noch. Eine Komplettübernahme dürfte also nicht billig werden. Alcatel-Lucent verfügt über ein Portfolio von mehr als 30000 Patenten und hat 15000 weitere beantragt. Zudem sind beachtliche Verlustvorträge aufgelaufen.

Sollte es dennoch zu einer Einigung kommen, könnten die beiden Firmen die Rivalen Ericsson und Huawei hinter sich lassen und zum Branchenprimus aufsteigen. Die französische Regierung wäre in diesem Fall gut beraten, Nokia keine Steine in den Weg zu legen. Der Nutzen von Megamergers für Aktionäre mag zweifelhaft sein. Der Sicherheit der Daten von Telekomkunden wäre es jedoch förderlich, wenn ein starker europäischer Wettbewerber den chinesischen Billiganbietern Huawei und ZTE Paroli bieten könnte. Schließlich geht es um kritische Infrastruktur.

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