Börsen-Zeitung: Der Papagei lebt, Kommentar zur Bankenaufsicht von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots)
Der britischen Komikertruppe "Monty Python" hat die Welt den Sketch zu verdanken, in welchem ein Mann mit einem toten Papagei in der Hand in einer Zoohandlung erscheint, um den Kauf seines Haustiers eine halbe Stunde zuvor wegen eines offensichtlichen Mangels zu reklamieren. Der Ladenbesitzer indes leugnet ihn mit immer abenteuerlicheren Ausreden ("Der ruht sich nur ein bisschen aus.") - selbst nach dem Hinweis, dass man den Vogel auf seiner Stange festgenagelt hat, damit er nicht herunterfällt.
Ähnlich lustig verhält sich derzeit die europäische Bankenaufsicht, wenn es um die Banken Griechenlands geht: Seit Monaten werden die Institute weitenteils nur mehr durch Notkredite der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammengehalten bzw. durch Verlustvorträge, die sie als Eigenkapital verbuchen dürfen dank der Garantien ihres Heimatstaates, der seinerseits nur dank breit angelegter Hilfen Europas nicht längst von der Stange gefallen ist. Seit geraumer Zeit schon hat sich ein schleichender Bank Run vollzogen, dessen Eskalation die Regierung nun mit einer vorübergehenden Schließung der Institute zuvorgekommen ist. In Frankfurt indes herrscht Schweigen im Walde. Im vergangenen Jahr hatten die Aufseher im Zuge ihres Bilanztests den wichtigsten Banken der Eurozone haarklein vorgeschrieben, welchen Abschlag sie auf den fairen Wert einer Schiffsforderung zu veranschlagen hatten und wie etwa Wertaufholungen bei leistungsgestörten Krediten zu behandeln seien. In den vergangenen Wochen jedoch, als in der Euroland-Peripherie der Bankensektor eines ganzen Landes zu kollabieren drohte, machten die Aufseher noch gut Wetter, und Danièle Nouy, Chefin des Single Supervisory Mechanism (SSM) - andere SSM-Repräsentanten dürfen zum Thema seit längerem nicht mehr sprechen - ließ sich mit der Aussage zitieren, Griechenlands Banken seien solvent und liquide. Legalistisch ist das, dank Notkrediten und Eigenkapitalregelungen, nicht falsch. Es läuft aber Nouys Postulat, der SSM werde "hart und aufdringlich, aber gerecht, haftbar und unabhängig" agieren, diametral zuwider. Der Interessenkonflikt zwischen einer politisch instrumentalisierten Geldpolitik und einer unter demselben Dach angesiedelten Bankenaufsicht lässt sich in Hellas studieren wie unter einem Brennglas.
Das Ansehen der Aufseher, die sich bereits einiges an Respekt erarbeitet hatten, wird damit beschädigt. Jedermann sieht, wie Griechenlands Banken beatmet werden. Die Aufseher aber beteuern im Stile des Zoohändlers tapfer: Die wollen nur ihren Rücken schonen.
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