Börsen-Zeitung: Ankunft in der Weltgemeinde, Kommentar zu China von Reinhard Kuls
Frankfurt (ots)
Der erste kräftige Abwertungsschritt der Chinesischen Zentralbank vom Dienstag kam für die Märkte weltweit völlig unerwartet. Der zweite am Mittwoch auch.
Gewiss, hinterher ist man immer schlauer, aber so völlig überraschen konnte der Schritt der Pekinger Wirtschaftsstrategen nicht. Zu lange schon verliert die chinesische Volkswirtschaft an Expansionstempo in einem Ausmaß, das größer ist als von den chinesischen Planungsgremien gewünscht. Deren Szenario war ein deutlich sanfterer Sinkflug als derjenige, der sich in den zurückliegenden Wochen an den harten Wirtschaftsdaten ablesen ließ.
So ist erklärlich, dass die Regierung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nun zu rigoroseren Mitteln griff als den bisherigen internen Stimuli via Geldpolitik oder Investitionsprogrammen. Ob die Abwertung des Yuan tatsächlich den Eintritt des Reichs der Mitte in einen globalen Währungskrieg markiert (so er denn überhaupt existiert), muss erst noch die weitere Entwicklung zeigen. Ein Kursverlust von rund 3,5% in zwei Tagen ist drastisch nur vor dem Hintergrund, dass sich in der Währungsrelation Yuan zu Dollar in den vergangenen eineinhalb Jahren praktisch gar nichts getan hat. Und schon am zweiten Tag der steilen Yuan-Talfahrt gab es Hinweise, dass Chinas Zentralbank direkt interveniert hat, um ein tieferes Absacken des Yuan im Handel zu verhindern. Rücksichtslose Aggression sieht anders aus.
Seit dem Ausbruch der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise mit rekordtiefen Rezessionen in praktisch allen wichtigen Volkswirtschaften der Welt, zumindest den Industriestaaten, hat noch jeder große Währungsraum seinen privaten Währungsfeldzug gestartet: Die US-Notenbank mit ihrem erst vor kurzem beendeten riesigen Anleihenkaufprogramm, Japan mit Abenomics, die Briten und zuletzt die Europäische Zentralbank ebenfalls mit Anleihekäufen gigantischen Ausmaßes. So gesehen kann man in dem Schritt der Chinesen sogar eine Art Fortentwicklung hin zu einem vollwertigen Mitglied der globalen Wirtschaftsgemeinde erblicken.
Wirklich wichtig aber ist: Mit der Yuan-Abwertung ist ein Wechsel im chinesischen Wechselkursregime verbunden hin zu mehr Markt. Der Internationale Währungsfonds begrüßte das Vorgehen der Chinesen denn auch zu Recht als Anpassung an die Marktrealitäten. Mit der Kursliberalisierung einer Währung, die eines der größten Potenziale der Welt hat, ist letztlich allen gedient. Wenn die chinesische Volkswirtschaft in steile Schieflage gerät, dagegen niemandem.
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