Börsen-Zeitung: Die Jahrhundertfusion, Kommentar zur DZ Bank und WGZ Bank von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Herzlichen Glückwunsch - unter Vorbehalt. Wir haben schon vermeintliche Traumhochzeiten von Banken gefeiert, zwischen denen wenige Jahre später ein Rosenkrieg tobte und die bald darauf wieder getrennte Wege gingen, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Oder wir haben Paaren zur Fusion gratuliert, die dann noch kurz vor dem Standesamt auf dem Absatz kehrtmachten. Das war ja nicht zuletzt eine Spezialität der beiden genossenschaftlichen Zentralinstitute, die es jetzt zum wiederholten Male miteinander versuchen und am Donnerstag per Absichtserklärung so etwas wie ihre neuerliche Verlobung annoncierten: DZ Bank und WGZ Bank. Hinter ihnen liegt eine 14-jährige Geschichte der Fehlversuche, an die sie sich natürlich nicht gerne erinnern lassen möchten.
Aber sicher: "Es wächst zusammen, was zusammengehört", "Anlass zur Freude für die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe" oder "historischer Moment", so die Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch und Hans-Bernd Wolberg, das kann man alles unterschreiben. Und man möchte durchaus auch glauben, dass die Gefahr des Scheiterns diesmal wirklich nahezu vernachlässigbar ist, weil die Akteure potenzielle Dealbreaker durch bedeutende beiderseitige Zugeständnisse in einem frühen Stadium aus dem Weg geräumt und sich beizeiten des Rückhalts von Eigentümern und Gremien versichert haben. Es hat nach unterschiedlichen Kriterien auch hierzulande in der Finanzwirtschaft schon größere Zusammenschlüsse gegeben, nicht unbedingt alle mit Vorbildcharakter. Dennoch bedeutet die Schaffung einer vereinigten Zentralbank für sämtliche zurzeit 1026 Genossenschaftsbanken eine Jahrhundertfusion - schon wegen des Abschlusses eines historischen Prozesses, der 1872 mit der Gründung der Rheinischen Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank als erster regionaler Zentralkasse begonnen hatte. Bis zum Jahr 1907 entstanden 58 dieser Institute, die den Mittelbau des genossenschaftlichen Kreditwesens bildeten.
Überzeugende Logik
Seit 2001 die DZ Bank aus der Taufe gehoben wurde, war die WGZ Bank, deren ältester Vorläufer, die Ländliche Centralkasse, auf das Jahr 1884 zurückgeht, der letzte Vertreter dieser Spezies. Hier wird also mit der Abschaffung der mittleren Stufe zwischen Volks- und Raiffeisenbanken und Zentralinstitut oder, in einer anderen Betrachtung, mit der Überwindung der letzten regionalen Zuständigkeitsgrenzen (WGZ Bank: 182 Banken im Rheinland und Westfalen; DZ Bank: 844 Banken im Rest der Republik) fürwahr Bankgeschichte geschrieben.
Die strategische Logik dieser Kräftebündelung überzeugt sofort und war ja als solche auch in der Vergangenheit im Grunde nicht umstritten. Zwar sind beide Häuser auch in der heutigen Struktur weit von dem entfernt, was man als "Kleinstaaterei" bezeichnen könnte. Andererseits passen beide in ihrer verbundorientierten Ausrichtung und ihren Kulturen perfekt zueinander, während zugleich geschäftliche Überschneidungen und damit Doppelungen von Infrastrukturen und Mitarbeitern, aber wiederum auch komplementäre Kompetenzen evident sind.
Den Luxus, die darin schlummernden Ertrags- und Kostensynergien zu verschenken, muss man sich leisten können, zumal in Zeiten von Niedrig-, Null- und Negativzinsen, von Hyperregulierung, des Megatrends Digitalisierung sowie beinharten Wettbewerbs und damit verbundenen Margendrucks. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt einer Fusion beantwortet sich mithin von alleine - vorausgesetzt, beide Partner können aus einer Position der Stärke agieren, und das ist hier der Fall.
Friede, Freude, Eierkuchen
Es kommt hinzu, dass die Trennung auf der Zentralbankenebene angesichts der sonstigen Verbundstrukturen längst wie ein Relikt wirkt. Anders als Sparkassen und Landesbanken haben die Kreditgenossen seit langem einen Assetmanager (Union Investment), eine Versicherungsgruppe (R+V), ein Ratenkredithaus (TeamBank), eine Bausparkasse (Schwäbisch Hall), seit einigen Jahren auch nur noch eine Private-Banking-Einheit (DZ Privatbank) und seit kurzem eine Rechenzentrale (Fiducia & GAD IT), allerdings immer noch drei Hypothekenbanken. Alles in allem macht es wenig Sinn, bei den Zentralbanken weiter zweigleisig zu fahren - umso weniger Sinn, wenn durch die Fusion eine spürbare Kapitalentlastung winkt.
So weit, so gut. Doch die Jahrhundertfusion vermag nicht voll zu überzeugen. Teilweise haben die Partner den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden (Beispiel Marke), zugleich überladen sie ihr Projekt unnötig mit Komplexität (Governancestruktur), in anderen Punkten (Arbeitsplätze, Bewertung, Einmalkosten der Fusion) bleiben sie bestenfalls im Ungefähren. Dass etwa die Marke "DZ Bank. Die Initiativbank" heißen muss, um krampfhaft Elemente beider Häuser zu vereinen, kann man als Schnickschnack abbuchen. Gravierender ist die geplante zusätzliche Strategie- und Steuerungsholding, eine alte Lieblingsidee der WGZ, durch die die DZ Bank von der Mutter zur Schwester der Verbundunternehmen mutieren soll. Die Vorteile erschließen sich nicht wirklich, stattdessen schafft man einen kostenträchtigen Wasserkopf.
Ein weiterer Preis dafür, dass der Aufsichtsratsvorsitz an die DZ<ET>Bank geht? Obendrein wird das neue Gebilde weit über die Integrationsphase hinaus bis zu der für 2020 geplanten Transformation in die Holdingstruktur zur Dauerbaustelle. Was schließlich Standorte und Arbeitsplätze angeht, klingen die äußerst vagen Auskünfte Kirschs und Wolbergs sehr nach "Friede, Freude, Eierkuchen". Klarere Ansagen hätte man zu diesem Zeitpunkt schon erwarten dürfen.
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