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Börsen-Zeitung: Maßgeschneiderte Therapie, Kommentar zur Pharmaindustrie von Sabine Wadewitz

Frankfurt (ots)

Boehringer Ingelheim hält sich wie viele Familienunternehmen zugute, ohne die in der Pharmabranche beliebten Mega-Merger aus eigener Kraft ihren Weg zu gehen. Der rheinland-pfälzischen Gesellschaft ist es mit diesem Selbstverständnis gelungen, auch ohne Fusionsfieber als zweitgrößter deutscher Arzneimittelkonzern zu reüssieren. Nun setzt das Unternehmen aus Ingelheim zu einem über 20 Mrd. Euro schweren Deal mit dem M&A-erprobten französischen Wettbewerber Sanofi an, um in den Randgeschäften aus dem Schatten zu treten und sich stärker zu fokussieren.

Die Transaktion, die größte Akquisition in der Geschichte der Ingelheimer, läuft liquiditätsschonend über einen Vermögenstausch. Boehringer muss zudem aber einen Barausgleich von immerhin 4,7 Mrd. Euro nach Paris überweisen. Wenn es der Sache dient und es um die letzten noch im Markt verfügbaren Portfolien geht, weichen auch Familiengesellschafter von ehernen Prinzipien ab. Im Firmensitz am Rhein fällt das nicht schwer, hatte der Konzern doch Ende 2015 Finanzmittel über 7,5 Mrd. Euro in der Bilanz.

Für die beiden Pharmaunternehmen geht es keineswegs darum, sich von ertragsschwachen Geschäften zu trennen. Die Aktivitäten mit Arznei und Impfstoffen für Tiere sowie mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten, die nun getauscht werden, stehen für die Firmen nicht im Mittelpunkt des Geschehens. Königsdisziplin bleibt die Entwicklung von innovativen patentgeschützten Medikamenten, wo sich die höchste Rentabilität erzielen lässt.

Angesichts der Risiken im verschreibungspflichtigen Geschäft verfolgen viele Pharmaspieler seit geraumer Zeit die Strategie, sich in weniger anfälligen Segmenten des Gesundheitsmarktes zu diversifizieren. Aber auch dort muss man in der ersten Liga mitspielen, um global erfolgreich zu sein und ein dauerhaft ertragsstarkes Geschäft führen zu können. Selbstmedikation und Tiermedizin sind beliebte Tummelfelder, genau so wie Generika. Entsprechend fortgeschritten ist die Konsolidierung in den Bereichen - und die Bewertung der noch zu ergatternden Assets.

Blaupause für den Spartentausch zwischen Boehringer und Sanofi ist der Portfolioumbau des Schweizer Pharmakonzerns Novartis im Frühjahr 2014. Auch dort war es das Ziel, in einzelnen Marktsegmenten Spitzenpositionen einzunehmen und auf kritische Größe zu kommen. Auch hier ging es den Beteiligten um eine maßgeschneiderte Ergänzung ihrer Portfolien. Damit spart man Ressourcen und schafft die Voraussetzung für eine reibungslose Integration.

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