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Börsen-Zeitung: Weckruf für die EZB, Kommentar zur Vermögensverteilung von Stefan Lorz

Frankfurt (ots)

Die unkonventionelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), mit der sie die Verbraucher zu mehr Konsum verführen und die Banken zu einer höheren Kreditvergabe zwingen will, läuft weitgehend ins Leere. Zumindest bei den deutschen Privathaushalten verpuffen die Impulse regelrecht, wie eine neue Studie der Bundesbank zeigt. Weder kommen sie dort über eine erhöhte Kreditvergabe an, noch verändern sie das Konsumverhalten. Im Gegenteil: Die Sorgen wegen der zinsbedingt zunehmend kritischen Lage in den Altersvorsorgesystemen drängt die Menschen zu noch größeren Sparanstrengungen. Zugleich werden sie ob des experimentellen Charakters der eingesetzten Instrumente (Negativzinsen!) stark verunsichert, was ihren Attentismus noch verstärkt.

Obendrein sorgt die EZB in bisher nicht gekanntem Maße dafür, dass die deutsche Gesellschaft immer ungleicher wird, was die Wirksamkeit der Geldpolitik für sich genommen ebenfalls beeinträchtigt. Verlierer sind die Altersvorsorgesparer, die traditionellerweise reine Zinsprodukte bevorzugen. Zu den Gewinnern zählen die meist ohnehin schon vermögenden Schichten, die schon immer mehr auf Aktien und Immobilien setzen (können). Aus den Bundesbankdaten lässt sich das nur deshalb noch nicht direkt herauslesen, weil die Effekte erst nach der Befragung 2014 so richtig eingetreten sind. Zudem erfasst die Studie die Superreichen nicht, die von der Geldpolitik besonders profitieren.

Dass die Ungleichheit in Deutschland höher ausfällt als im europäischen Umfeld, beklagt die Bundesbank selber. Der Mittelwert der deutschen Haushaltsvermögen liegt mit 214.500 Euro so dramatisch weit weg vom Medianwert in Höhe von 60.400 Euro, dass die Klage von der Abkopplung weiter Teile der Gesellschaft durchaus berechtigt erscheint. Die untergräbt die Akzeptanz für unser Wirtschaftssystem, was sich dann auch im politischen Stimmverhalten niederschlägt.

Eingedenk dessen sollten die Notenbanken den Umverteilungswirkungen ihrer Geldpolitik schon im eigenen Interesse künftig mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie das bisher getan haben. Und die Politik muss sich mehr Gedanken über die Ursachen der Entwicklung machen, ohne gleich reflexhaft eine neue Umverteilungsdebatte vom Zaun zu brechen. Denn womöglich sind die treibenden Kräfte der Entwicklung nicht in einem Zuwenig an Umverteilung zu suchen, sondern vielmehr in einer verfehlten Bildungspolitik und einer zu großen Offenheit gegenüber Lobbyinteressen.

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