Börsen-Zeitung: Pötschs Versäumnis, Kommentar zu den VW-Boni von Claus Döring
Frankfurt (ots)
Wer hat im VW-Konzern das Sagen? Sind es die Eigentümer? Wenn ja, welche? Ist es der Vorstandsvorsitzende? Ist es der Aufsichtsrat, das Präsidium oder der Aufsichtsratsvorsitzende? Oder ist es der Betriebsratsvorsitzende? Diese Frage ist seit dem Abgang von Ferdinand Piëch nicht mehr einfach zu beantworten. Das zeigt sich seit Tagen an der Debatte um die Vorstandsboni, in der all jene, die meinen, etwas zu sagen zu haben oder sagen zu müssen, dies vorzugsweise öffentlich tun.
VW-Präsidiumsmitglied und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat vor einer Woche im Landtag eine Kürzung der Vorstandsboni für 2015 als "deutliches Signal" gefordert. Präsidiumsmitglied und Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh hat jetzt in einem Interview mit der Forderung nach einem Boniverzicht nachgelegt. Offensichtlich war die Mitteilung des Aufsichtsrats vor Wochenfrist, wonach Aufsichtsrat und Vorstand sich einig seien, dass angesichts der aktuellen Lage des Unternehmens ein Zeichen auch beim Thema Vorstandsvergütung gesetzt werden müsse, vorauseilendes Wunschdenken.
Spätestens in der Aufsichtsratssitzung am Freitag soll nun die Entscheidung fallen. Sie darf nur heißen: völliger Verzicht aller Vorstandsmitglieder auf Boni für 2015. Alles andere ist den betrogenen Kunden, den zu Einbußen gezwungenen Mitarbeitern, den Aktionären und der gleichermaßen getäuschten wie enttäuschten Öffentlichkeit nicht zu erklären.
Boni sind Sonderzahlungen für besondere Leistungen, egal an welche Kriterien sie im Detail geknüpft werden. Wenn sich das Wolfsburger Führungspersonal noch einen Rest von Anstand bewahrt hat, dann muss es erkennen, dass nach dem Abgasskandal unabhängig von der Frage persönlichen Verschuldens ein Zeichen von Demut nötig ist. Schließlich ist das Festgehalt der VW-Vorstände mit rund 1 Mill. Euro komfortabel bemessen und immer noch doppelt so hoch wie einst jenes von Martin Blessing, der als Commerzbank-Chef vom Großaktionär Bund in der Finanzkrise zum Bonusverzicht gezwungen wurde.
VW-Aufsichtsratsvorsitzender Hans Dieter Pötsch hat es versäumt, das sensible Bonus-Thema rechtzeitig zu entschärfen. Dazu hätte er in eigener Sache mit gutem Beispiel vorangehen und von sich aus den Verzicht auf die 10 Mill. Euro Kompensationszahlung für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat erklären müssen. Ein Beleg mehr, dass Pötsch nicht der richtige Mann ist, um bei VW als AR-Vorsitzender den nötigen Kulturwandel voranzutreiben.
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