Börsen-Zeitung: Bondprimärmarkt boomt, Marktkommentar von Kai Johannsen
Frankfurt (ots)
An den internationalen Anleiheprimärmärkten herrscht dieser Tage geradezu Hochbetrieb. Die Emittenten aus allen gängigen Bondmarktbereichen kommen scharenweise an den Markt und geben sich bei den Investorenbesuchen die Klinke in die Hand. Es ist wirklich alles vertreten: Angefangen bei den klangvollen Namen, bei denen jeder mit dabei sein will - wie eine Microsoft - oder Emittenten mit Seltenheitswert - wie etwa Luxemburg oder Ägypten - bis hin zu den etablierten, allseits bekannten Daueremittenten bei Staaten, halbstaatlichen Adressen, Banken und Unternehmen. Und innerhalb dieser Emittentenkategorien wird auch praktisch jede Anleihegattung bedient - ob nun besichert oder unbesichert, vorrangig oder nachrangig, Hybride oder Ähnliches. Und die Orderbücher sind nicht selten bis zum Bersten gefüllt. Die Investoren kaufen gerade so, als wären es die letzten Bonds, die man noch ergattern kann.
Rekord gebrochen
Da überrascht es auch kaum, wenn Thomson Reuters vermeldet, dass der Januar nun zum Rekordmonat wurde. Noch niemals zuvor brachten Staaten, Unternehmen und Finanzinstitutionen weltweit zum Jahresauftakt so viele Bonds wie im Januar dieses Jahres. Den Statistiken zufolge emittierten sie für umgerechnet 530,84 Mrd. Dollar Anleihen und stellten damit den Rekord aus dem Januar 2013 deutlich ein, als Bonds über 501,59 Mrd. Dollar an den Markt kamen. Und wer führte die Liste an? Es waren die High-Grade-US-Unternehmen, die Papiere für 177,42 Mrd. Dollar an den Mann oder die Frau brachten und damit gerade einmal 1 Mrd. Dollar unter dem Monatsrekord blieben, der im Mai vergangenen Jahres verzeichnet wurde, wie die Daten von Thomson Reuters weiter zeigen. Mit von der Partie waren Microsoft, AT&T und Broadcom, die zusammen Bonds über 40,55 Mrd. Dollar stemmten. Aber auch die Finanzinstitutionen zogen viele Deals nach der Vorlage ihrer Zahlenwerke durch.
Der Euroraum braucht sich aber nicht zu verstecken. Hier kamen immerhin Transaktionen - in Euro gerechnet - über gut 30 Mrd. Euro. Das ist damit der zweitstärkste Januar nach den rund 50 Mrd. Euro, die im Januar 2009 kamen, als die Unternehmen nach dem heißen Finanzherbst 2008 erst mal in die Vollen gingen. Die Staaten, supranationalen Emittenten und Agencies (halbstaatliche Adressen) kamen hier auf Anleihen im Umfang von umgerechnet mehr als 150 Mrd. Dollar, zeigen die Statistiken weiter.
Und kaum einer hatte das am Markt vermutet. Aber es ist wie so oft mit der "Wait and see"-Taktik: Sie mündet nur allzu oft in eine Eigendynamik mit immer schärfer werdender Rasanz. Wer Anfang des Monats noch auf Abwarten eingestellt war und dann sah, wer welche Deals brachte und wie gut das Investorensentiment für praktisch jede Art von Anleihe war und ist, springt ebenfalls auf die internationale Bond-Tribüne und emittiert.
So manch einer hatte immer wieder befürchtet, dass sich ausweitende Spreads und höhere Sätze im risikolosen Renditebereich genau das Gegenteil bewirken würden: Aufgrund der damit einhergehenden Kursverlusten würden die Investoren in Wartestellung gehen, und auch Emittenten würden eher mal zögerlicher werden. Da wurde so manch einer nun eines Besseren belehrt. Die Käufe der Investoren bremsen den Renditeanstieg eher wieder ab, denn viele versuchen sich die jetzt wieder mal im positiven Bereich liegende Renditen fürs Portfolio zu sichern.
Doch was treibt die Emittenten noch an den Markt? Der neue US-Präsident Donald Trump hat sie im Januar ja nicht von den Marktgängen abgehalten. Das war aber auch ziemlich klar: Er wurde erst gegen Ende des Monats in sein Amt gehoben, besonders viel konnte er bis dahin offiziell ja noch nicht in einen Scherbenhaufen verwandeln. Doch er bleibt ein Risikofaktor. Unternehmen und andere Emittenten gehen jetzt an den Markt, weil sie durch Trump politische Risiken und damit Ereignisrisiken für die Finanzmärkte sehen, die die Volatilität hochtreiben und Emissionsfenster - womöglich für längere Zeit - verschließen (können). Somit emittiert man lieber früher als später.
Hinzu kommen weitere Ereignisrisiken in diesem Jahr. Das sind die Wahlen in den Niederlanden, in Frankreich und Deutschland, mit denen die Furcht vor stärker werdenden populistischen Kräften einhergeht. Aber auch die Bankenprobleme in Portugal und Italien sowie ein befürchtetes Wiederaufflackern der Staatsschuldenkrise in der Eurozone gehören zu den Risikofaktoren. Für das Gesamtjahr sollte man sich also eher auf eine abnehmende Emissionstätigkeit einstellen. So wie im Januar wird es nicht die ganze Zeit weitergehen.
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