Börsen-Zeitung: Wieder daneben, Kommentar zu den Sparkassen von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Die Sparkassen können machen, was sie wollen, und vor allem kann die EZB machen, was sie will: Der seit Jahr und Tag vorhergesagte Ergebniseinbruch will sich trotz fortdauernder Null- und Negativzinsphase einfach nicht einstellen. Anders gewendet: Die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser können sich nicht gegen das Geldverdienen wehren, egal wie schwierig das Umfeld ist. Die Entwicklung im Verbandsgebiet Hessen-Thüringen zeigt es, auch wenn man sie nicht eins zu eins auf den Bundestrend hochrechnen kann, exemplarisch: wieder daneben!
Einen Rückgang des Betriebsergebnisses vor Bewertung um 15 Prozent hatte Gerhard Grandke, der Chef des Frankfurter und Erfurter Verbandes, noch im September für 2016 vorausgesagt. Herausgekommen ist ein Minus von nicht einmal 5 Prozent. Und nach Bewertung ist das Resultat nicht "deutlich niedriger", sondern vor Reservedotierung rund 9 Prozent höher ausgefallen. Die äußerst stabile Konjunktur zwingt inzwischen verstärkt zur Auflösung von Kreditwertberichtigungen.
Aber Grandke, der gleichwohl nicht müde wird, vor härteren Zeiten zu warnen, hat ja Recht: Prognosen sind schwierig in Zeiten, in denen Voraussagen (Brexit, Trump usw.) eintreffen, deren Urhebern man vor einem Jahr einen Kuraufenthalt empfohlen hätte. Auch sein vorsichtiger Ausblick ist schlüssig. Tatsächlich schlägt das Zinsumfeld spürbar auf die Erfolgsrechnung durch. Und die ungewöhnlich komfortable Risikolage kann nicht ewig anhalten. Diese ist es aber, die bisher zusammen mit kräftigem Kreditwachstum und erfolgreichem Kostenmanagement unterm Strich für ein - das Understatement des Monats - "recht passables" Ergebnis sorgt.
Eine Folge serienmäßig recht passabler Ergebnisse ist die fast unverschämt hohe Kernkapitalquote jenseits von 18 Prozent, mit der die Sparkassen, so Grandke, für die Zukunft "genügend Wasser unterm Kiel" haben. Die Metapher aus der Seefahrersprache sollte indes nicht zu Fehlschlüssen verleiten: Größter Schiffsfinanzierer der Welt will die hessisch-thüringische Sparkassengruppe inklusive Helaba nicht werden. Das ist die glaubhafte Standardantwort auf die Standardfrage nach einem Interesse an der HSH Nordbank. Auch mit Blick auf Landesbausparkassen und öffentliche Versicherer schätzt Grandke das Konsolidierungspotenzial angesichts unterschiedlicher Eigentümerstrukturen, politischer Einflüsse oder landsmannschaftlicher Befindlichkeiten wohl realistisch ein: Bevor die Sparkassenversicherer aus Westfalen und dem Rheinland zusammengingen, fusioniere Frankfurt mit Offenbach. Der ehemalige Oberbürgermeister von Offenbach weiß, wovon er redet.
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