Börsen-Zeitung: Ausdauer gefragt, Kommentar zu Adidas von Joachim Herr
Frankfurt (ots)
Tempomacher halten im Sport meistens nicht bis ins Ziel durch. Ihre Aufgabe ist es, Konkurrenten zu Höchstleistungen anzuspornen - zum Beispiel zu einem Weltrekord im Langstreckenlauf. Kasper Rorsted setzt dagegen auf eine exzellente Kondition: Der neue Vorstandschef von Adidas zieht die Geschwindigkeit an und will trotzdem auf Dauer vorn sein.
So verwegen, Nike den ersten Rang in der Sportartikelindustrie abzujagen, ist er allerdings nicht. Da tut er gut daran, denn der Abstand des Hauptrivalen ist zu groß: in den USA, dem größten Markt der Welt, und in Bezug auf die Profitabilität. Aber Rorsted will Nike in beiden Punkten näherkommen.
Schon zu seinem Einstand als Vorstandsvorsitzender von Adidas machte er im vergangenen Herbst klar, dass er keine Zeit verlieren will. Fünf Wochen nach Arbeitsbeginn verordnete er Reebok, der größten Schwachstelle im Konzern, ein Fitnessprogramm. Nun legt er die Latte für die Geschäftsziele bis zum Jahr 2020 ein gutes Stück höher. Dass Adidas seit zwei Jahren einen Lauf hat, gibt Rorsted viel Zuversicht.
Mit solch einem großen Selbstbewusstsein hat die Börse jedoch nicht gerechnet. Der Aktienkurs von Adidas, der in den vergangenen zwei Jahren Gewinner im Dax war, machte am Mittwoch einen kräftigen Satz nach oben. Dazu hat auch die um ein Viertel erhöhte Dividende beigetragen. Aber vor allem dürfte der Grund für den Kurssprung sein, dass Rorsted mit den neuen Zielen die ohnehin hohen Erwartungen, die der Kapitalmarkt in ihn steckt, sogar noch übertrifft. Diese richten sich vor allem auf die Profitabilität.
Die Mitarbeiter und in erster Linie sich selbst setzt Rorsted damit gehörig unter Druck. Er hat seinen großen Ehrgeiz zu Adidas mitgenommen und fordert Höchstleistung. Wagt Rorsted mit der mittelfristigen Prognose zu viel? Als Vorstandschef von Henkel hatte er kurz vor seinem Abschied das mittelfristige Umsatzziel aufgeben müssen.
In der Sportartikelindustrie ist die Zeit für ambitionierte Ziele derzeit günstig: Die Branche wächst kräftig in fast allen wichtigen Märkten. Und die Aussichten sind gut. Zudem schwankt der Verkauf von Sportschuhen und Trikots weniger stark mit dem Auf und Ab der globalen Wirtschaft. Zuletzt hatte sich das in der Finanzkrise vor ein paar Jahren gezeigt.
Rorsteds Optimismus steht auf einem guten Fundament. Er muss es nun im Firmenalltag schaffen, dass die ganze Mannschaft von Adidas das Tempo steigert und viel Ausdauer beweist.
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