Börsen-Zeitung: Damoklesschwert Diesel, Kommentar zu Daimler von Isabel Gomez
Frankfurt (ots)
Wirklich überrascht kann der Markt von den guten Quartalszahlen und der Prognoseerhöhung des Autokonzerns Daimler am Mittwoch nicht gewesen sein. Denn schon vor zwei Wochen hatten die Stuttgarter berichtet, dass der operative Gewinn um satte 87 Prozent auf 4 Mrd. Euro angestiegen war. Dass der Aktienkurs des Dax-Konzerns am Vormittag kurz um gut 1 Prozent sank, hatte daher nichts mit den Zahlen oder der Prognose zu tun. Vielmehr hatte eine Passage im Risikobericht der Quartalsbilanz die Aufmerksamkeit des Marktes erlangt.
Darin weist der Konzern auf die laufenden Ermittlungen verschiedener Behörden im Zusammenhang mit Emissionen von Dieselfahrzeugen hin. Falls diese Ermittlungen, Untersuchungen, rechtliche Maßnahmen oder Verfahren zu für den Konzern nachteiligen Ergebnissen führen, so schreibt Daimler, könnte der Konzern "zu erheblichen Geldstrafen, Feldmaßnahmen, Rückrufaktionen, Maßnahmen zur Prozessverbesserung und Schadensbegrenzung verpflichtet" werden. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass "die vorgenannten Risiken erhebliche nachteilige Auswirkungen auf unsere Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage haben könnten", heißt es weiter.
Allerdings hatte der Konzern bereits in seinem Geschäftsbericht für 2016 vor genau diesem Risiko gewarnt. Neu dazu kam lediglich eine Passage: Dass die Stuttgarter Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich ein Ermittlungsverfahren "gegen Mitarbeiter von Daimler wegen des Verdachts auf Betrug und strafbare Werbung eingeleitet" habe. Ein Indiz dafür, dass sich die Situation für den Konzern verschärft hat, findet sich dagegen nicht. Die Rückstellungen - solche für rechtliche Risiken werden nicht gesondert ausgewiesen - haben sich gegenüber dem Jahresende 2016 in Summe nicht erhöht.
Derzeit sind Investoren bei Autoaktien aber generell zurückhaltend, weil völlig offen ist, wie sich die Branche angesichts der Megatrends Elektrifizierung und Vernetzung künftig entwickelt und wer zu den Gewinnern und zu den Verlierern gehören wird. Zusätzliche externe Risiken sind in diesem Umfeld ein guter Grund, eine Autoaktie zu verkaufen. Erst recht, wenn das Damoklesschwert, das über dem Konzern schwebt, Diesel heißt und bereits Volkswagen sehr teuer zu stehen kam. Ob an den Vorwürfen gegen Daimler etwas dran ist, könnte sich indes schon am heutigen Donnerstag zeigen. Dann muss sich der Konzern vor dem Landgericht Stuttgart gegen die Deutsche Umwelthilfe wehren, die Daimler irreführende Werbung mit Dieselemissionen vorwirft.
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