All Stories
Follow
Subscribe to Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung

Zeit für einen Transformator
Kommentar zum Chefwechsel bei der UBS von Daniel Zulauf

Frankfurt (ots)

Ganze 15 Monate habe der UBS-Verwaltungsrat nach einem neuen Chef gesucht, sagte deren Präsident Axel Weber gestern auf einer kurzfristig einberufenen und offensichtlich etwas improvisierten Pressekonferenz, auf der er den Medien das Ergebnis präsentierte. Der nächste CEO der weltgrößten Vermögensverwaltungsbank wird kein Privatbankier und auch kein Investmentbanker, wie dies in den vergangenen 22 Jahren seit der Fusion des Schweizerischen Bankvereins und der Schweizerischen Bankgesellschaft zur heutigen UBS üblich war. Die Ernennung von ING-Chef Ralph Hamers ist wahrlich eine dicke Überraschung.

Dafür mag es einige simple Gründe geben, etwa die knappe Verfügbarkeit von Kandidaten, die sich mit dem diversifizierten Geschäftsmodell auskennen, das Schweizer Großbanken schon lange betreiben. Doch das wahre Motiv dürfte tiefer liegen. Die UBS tut sich seit Jahren schwer damit, aus ihrer Position im globalen Bankenmarkt Kapital zu schlagen. Die Aktie dümpelt vor sich hin, und die Unzufriedenheit der Investoren nimmt laufend zu. Kosten sparen ist zwar ein Weg zu höheren Dividenden. Aber die Aktionäre wissen, dass dieser irgendwann zu einem Ende kommt. Sie erwarten stattdessen, dass ihre Bank endlich auf den Wachstumspfad zurückfindet. Diesem Auftrag ist der bisherige Chef Sergio Ermotti in seinen fast neun Jahren im Amt nie ganz gerecht geworden.

Aber warum sollte dies ausgerechnet Hamers gelingen? Die niederländische ING ist im Wesentlichen eine Retailbank. Doch sie verfügt über ein digitales Geschäftsmodell, mit dem sie auch außerhalb ihres kleinen Heimatmarktes Millionen von Kunden gewinnt. Die vielen Kleinkunden, die ING in den Beneluxländern und auch in Deutschland erreicht, sind zwar nicht das Zielpublikum der UBS. Aber offensichtlich wissen die Niederländer besser als die Schweizer, wie die Ansprüche moderner Bankkunden an die Bequemlichkeit und den Preis der angebotenen Leistungen zu befriedigen sind.

Die immer noch starke Marke UBS ist ein Wert, der sich über elektronische Kanäle zweifellos noch besser verkaufen ließe. Doch die Uhr läuft gegen die Banken. Die wertvollsten Marken gehören inzwischen den großen Technologiekonzernen, die ihre Chancen im globalen Bankenmarkt längst auch für sich selbst entdeckt haben. Die UBS hat nun einen Transformator geholt, der Abhilfe schaffen soll. Seine erste Aufgabe wird es aber sein, den Besitzstand zu wahren. Das ist schon schwierig genug. Erst dann kann UBS wieder an Wachstum denken.

(Börsen-Zeitung, 21.02.2020)

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original content of: Börsen-Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Börsen-Zeitung
More stories: Börsen-Zeitung
  • 19.02.2020 – 19:00

    Geburtstagsparty / Kommentar zur Deutschen Telekom von Heidi Rohde

    Frankfurt (ots) - Pünktlich zum 25-jährigen Bestehen als Aktiengesellschaft versetzt die Telekom ihre Aktionäre in Partystimmung. Im dritten Anlauf ist der Zusammenschluss ihrer wachstumsstarken US-Tochter mit dem kleineren Wettbewerber Sprint zum Greifen nah, nachdem ein New Yorker Bezirksgericht den Deal trotz zahlreicher Klagen durchgewunken hat. Zwar steht das Closing noch aus und ebenso die Nachjustierung der ...

  • 18.02.2020 – 19:05

    Mutige Prognose / Kommentar zur Entwicklung der Deutschen Börse von Christopher Kalbhenn

    Frankfurt (ots) - So manches Unternehmen dürfte neidische Blicke auf die Deutsche Börse werfen. In einem von Handelskonflikten und sinkendem globalen Wachstum geprägten Umfeld, in dem viele Gesellschaften rückläufige Ergebnisse vorweisen und Abstriche an ihren Prognosen vornehmen mussten, hat der Marktbetreiber sein Ergebnis erneut prozentual zweistellig ...

  • 17.02.2020 – 19:40

    Weichenstellung / Kommentar zur Bahnindustrie von Michael Flämig

    Frankfurt (ots) - Die globale Bahnindustrie hat schon viele misslungene Koppelungsmanöver erlebt. Im Jahr 2017 wollte Siemensihr Zuggeschäft mit Bombardier zusammenspannen, zwei Jahre später stoppte erst die EU-Kommission eine Kombination mit Alstom, und nun haben Alstom und Bombardiereine Verbindung ihrer Aktivitäten besiegelt. Was bedeutet dies für Siemens? Die Münchner dürften das Geschehen aufmerksam, jedoch ...