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Ein bisschen Velázquez
Kommentar zur Lage der Deutschen Bank von Anna Sleegers

Frankfurt (ots)

Was verbindet die Deutsche Bank mit dem kleinen blonden Mädchen, das der spanische Barockmaler Diego Rodríguez de Silva y Velázquez auf dem Meisterwerk "Las Meninas" verewigte? Vor allem ein geradezu verstörendes Umfeld. Eine populäre Lesart des Gemäldes hebt darauf ab, dass Velázquez der erst fünfjährigen Infantin Margarita bewusst die kleinwüchsige, mit herben Gesichtszügen ausgestattete Hofdame Mari Bárbola an die Seite stellte, um durch den Kontrast deren geradezu engelsgleiche Schönheit zu unterstreichen.

Nun ist die Deutsche Bank allen Bemühungen um mehr Redlichkeit zum Trotz sicher weit davon entfernt, ein Engel zu sein. Doch ihre am Mittwoch vorgelegte Quartalsbilanz erfreut den Betrachter durch schwarze Zahlen, was in dem aktuellen wirtschaftlichen Umfeld für sich genommen bereits bemerkenswert ist. Wieder einmal war es vor allem das Investment Banking, das dem Institut mit hohen Ertrags- und Ergebnisbeiträgen dazu verhalf, die Erwartungen der Analysten zu übertreffen. Wie auch ihre US-Wettbewerber profitierte die Deutsche Bank von der emsigen Aktivität an den Anleihenmärkten, an denen die Unternehmen sich infolge des Corona-Schocks mit Liquidität vollsogen, als gäbe es kein Morgen.

Hängen Wohl und Wehe des letzten hiesigen Instituts von internationalem Rang also wie gehabt vom Treiben an den Märkten ab? Keineswegs. Vielmehr zeichnet sich immer deutlicher ab, dass es der Deutschen Bank dank des unter Konzernchef Christian Sewing eingeleiteten Umbaus tatsächlich gelingen könnte, die Kurve zu kriegen. Dafür sprechen nicht nur die Erfolge beim Kostenabbau, sondern auch die Entwicklung der weniger volatilen Sparten. So verzeichnete die Unternehmensbank vor allem aufgrund des aufgewerteten Transaktionsbankings einen Anstieg der Erträge um 3%, und auch das Privatkundengeschäft erwies sich trotz Covid-19 und negativer Zinsen als erstaunlich resilient. Auch dass die nach dem Ausstieg aus dem Aktiengeschäft von manchem totgeglaubte Investmentbank mit einer Verdoppelung der Erträge am Boom der Märkte teilhatte, spricht für Sewings Kurs.

Diese nach Jahrzehnten des Missmanagements beinahe nicht mehr für möglich gehaltene Wendung bei der Deutschen Bank gewinnt noch an Strahlkraft durch den Kontrast mit den düsteren Zahlen des Wettbewerbs. Während Barclays die Anleger mit einem Gewinneinbruch verschreckte, verzeichnete der stolze Banco Santander gar den ersten Quartalsverlust in seiner 163-jährigen Geschichte.

(Börsen-Zeitung, 30.07.2020)

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