All Stories
Follow
Subscribe to Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung

Sprinterqualitäten gefragt, Kommentar zu SAP von Sebastian Schmid

Frankfurt (ots)

Mit Blick auf das Volumen ist die jüngste Transaktion des Walldorfer Softwarekonzerns SAP eher zu vernachlässigen. Rund eine halbe Milliarde Euro investiert der strategische Partner Dediq in das neu zu gründende Gemeinschaftsunternehmen FSI, in dem auf SAP-Technologie basierende spezia­lisierte Produkte für die Finanzindustrie entwickelt und vertrieben werden sollen. Bei Abschluss winkt SAP ein mittlerer zwei­stelliger Millionenertrag. Kaum der Rede wert für einen Konzern, der im vergangenen Jahr einen Nettogewinn von mehr als 5 Mrd. Euro eingefahren hat.

Strategisch ist der Schritt dennoch ein bemerkenswerter und Teil des Paradigmenwechsels unter CEO Christian Klein. Dieser hält heute letztlich auch deshalb das Steuer in Händen, weil der Doppelspitze mit ihm und Co-Chefin Jennifer Morgan angesichts der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr 2020 nicht die nötige Entscheidungsgeschwindigkeit zugetraut wurde. Seit er allein an der Spitze steht, drückt der SAP-Chef aufs Tempo - bei der Migration der Kunden in die Cloud, dem Börsengang der Tochter Qualtrics und nun der Entwicklung des Angebots im Financial-Services-Sektor. SAP-CFO Luka Mucic und Matthias Tomann, geschäftsführender Partner von Dediq, betonen die höhere Agilität der Entwicklung neuer Softwareangebote für Banken und Versicherungen außerhalb des SAP-Konzerns.

Die Hoffnung ist, dass der größere strategische Spielraum eine Start-up-Atmosphäre schaffen kann. Denn SAP erzielt zwar fast ein Zehntel der Konzernerlöse mit der Finanzindustrie, die global so viel wie praktisch keine andere Branche in IT investiert. Das Gros davon geht aber auf generische Produkte zurück, wie Mucic erklärt. Mit spezialisierten Lösungen läuft es eher mau, kann man dieser Aussage auch entnehmen.

Bislang war das für SAP unkritisch. Viele Banken und Versicherungen zieren sich ohnehin, mit ihrem operativen Kerngeschäft in die Cloud zu gehen. Doch die Offenheit im traditionell vorsichtigen Finanzsektor wächst. Tomann erwartet eine dramatische Verschiebung der IT-Ausgaben in Richtung Cloud in den kommenden Jahren. Daher ist nun Geschwindigkeit gefragt. Und die nötigen Sprinterqualitäten sind bei kleineren Softwarehäusern häufiger anzutreffen als bei Großkonzernen. Für mehr Agilität nimmt der SAP-Vorstand um Klein in Kauf, an den Partner Kontrolle und einen Gutteil der Einnahmen abzugeben. Lieber einen kleinen Teil vom großen Preis als einen Trostpreis für sich allein, lautet wohl die Kalkulation.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Original content of: Börsen-Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Börsen-Zeitung
More stories: Börsen-Zeitung
  • 12.04.2021 – 20:50

    Realismus nötig, Kommentar zur EU-Handelspolitik von Andreas Heitker

    Brüssel (ots) - In Brüssel wird aktuell viel über eine strategische Neuausrichtung der EU-Handelspolitik debattiert. Grüner soll sie werden, fairer, durchsetzungsstärker. Und zum Wiederaufbau nach der Coronakrise soll sie natürlich auch ihren Beitrag leisten. Dies dürfte allerdings nur gelingen, wenn die EU und die USA wieder etwas näher zusammenrücken. Allein ...

  • 09.04.2021 – 20:30

    Das Sustainability-Jahr, Marktkommentar von Kai Johannsen

    Frankfurt (ots) - Das Jahr 2021 wird an den Finanzmärkten, insbesondere an den Bondmärkten, im Zeichen von Sustainability stehen. Denn grüne, soziale und damit nachhaltige Aspekte stehen bei allen Emittentenkreisen sehr hoch auf der Agenda. Das ist eine positive Lehre, die aus der Krise gezogen werden kann - auch wenn es immer schwierig ist, bei einer Krise, insbesondere bei einer, die menschliches Leid bis hin zu ...

  • 08.04.2021 – 20:39

    Ohne Blaupause, Kommentar von Angela Wefers zur Steuerpolitik

    Frankfurt (ots) - Keine Frage, die politische Debatte über die Finanzierung der Krisenkosten wird umso virulenter, je näher das Ende der Covid-19-Pandemie rückt. Weltweit haben die Regierungen viel Geld ausgegeben, um Unternehmen und Bürger zu unterstützen. Die Staatsschulden sind explodiert. Die Schuldenstände müssen zugunsten der weltweiten Finanzstabilität wieder sinken. Dafür macht sich der Internationale ...