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Spektakuläre Berichtssaison, ein Marktkommentar von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

An den Aktienmärkten kommt es zum Themenwechsel. Nachdem zuletzt Sorgen über die Pandemie, die steigende Inflation und einen herannahenden Kurswechsel der Geldpolitik hin zu einer restriktiveren Linie die Agenda bestimmt haben, übernehmen nun Unternehmensgewinne das Zepter. In den USA haben die Banken die Quartalsberichtssaison eröffnet, aber auch Dax-Unternehmen sind mit ersten Zahlen an die Öffentlichkeit gegangen. Es wird eine spektakuläre Berichtssaison, denn die Gewinne werden ebenso wie die makroökonomischen Kennzahlen nach dem Einbruch des Vorjahres in die Höhe schießen.

Legt man die Konsensschätzungen zugrunde, steht ein Gewinnwachstum an, das den Wert aus dem bereits spektakulären ersten Quartal übertrifft und seinesgleichen sucht. Nachdem das aggregierte Ergebnis je Aktie der Unternehmen im Stoxx Europe 600 vor Jahresfrist um 59 Prozent eingebrochen war, wird nun laut der Bank of America ein Anstieg im Vorjahresvergleich um sagenhafte 140 Prozent erwartet. Verglichen mit dem Konsens von vor sechs Monaten hat sich die Markterwartung für das Gewinnwachstum des zweiten Quartals um mehr als 50 Prozentpunkte erhöht. Gleiches gilt für das Wachstum des Gesamtjahres. Ging der Konsens Mitte März noch von einem Anstieg um 35 Prozent aus, ist nun ein Hoch von 48 Prozent erreicht worden. Doch was bedeutet das für den Aktienmarkt? Bringt die Berichtssaison den nächsten großen Schub, der etwa den Dax über die Marke von 16000 Punkten hievt?

Positiv ist festzuhalten, dass der starke Gewinnanstieg die hohen Bewertungen der Aktienmärkte, die zusätzlich von den extrem niedrigen Zinsen und dem Mangel an Anlagealternativen gestützt werden, bis zu einem gewissen Grad als gerechtfertigt beziehungsweise fundamental untermauert er­scheinen lässt. Dennoch spricht einiges gegen einen Sommerrausch an den Aktienmärkten. Denn die Marktteilnehmer sind nur noch schwer zu begeistern. 140 Prozent Wachstum werden sie nicht positiv überraschen können, denn es ist ja der Konsens, sprich die bereits im Markt enthaltene Erwartung. Eher birgt diese hohe unterstellte Rate Enttäuschungspotenzial.

Überdies erreicht das Gewinnwachstum mit der jetzt gestarteten Berichtssaison seinen Zenit. Denn die Basis­effekte aus dem schwachen Vorjahr lassen im zweiten Halbjahr nach, was an sich allerdings nun auch keine negative Überraschung für den Markt darstellt. Für das dritte und vierte Quartal rechnet der Konsens mit einem Gewinnwachstum im Vorjahresvergleich von "nur" 32 Prozent und 21 Prozent. Es besteht somit durchaus die Möglichkeit, dass über kurz oder lang die "alten" Themen, also Pandemie, Inflation und Geldpolitik, wieder die Oberhand gewinnen und die Unternehmensgewinne eben nicht die nächste Stufe der Aktienmarktrally zünden.

Die Commerzbank glaubt zwar, dass die Analysten ihre Erwartungen für die Dax-Unternehmensgewinne weiter anheben werden, nachdem einige Unternehmen, darunter BASF und Volkswagen, ihre Gewinnziele für das Gesamtjahr angehoben haben. Sie rät Investoren aber, die voraussichtlich starke Gewinnsaison zu nutzen, um Aktienpositionen zu reduzieren. Neben hohen Bewertungen, einem sehr optimistischen Anlegersentiment und einem sich abzeichnenden schwächeren Wachstum in China verweist sie auf die US-Geldpolitik. In den Vereinigten Staaten sei die Kerninflation mit 4,5 Prozent auf das höchste Niveau seit 1991 gestiegen. "Sollte der jüngste Trend überraschend hoher Inflationsdaten anhalten, wird die US-Notenbank in absehbarer Zeit ein Zurückfahren ihrer Anleihekäufe signalisieren", so das Institut. Auch die Landesbank Baden-Württemberg bezweifelt, dass die Berichtssaison den Impuls für weitere deutliche Kurssteigerungen bringen wird. In den USA hätten die Banken bereits gut vorgelegt. Ob der Gesamtmarkt hieraus neue Kraft schöpfen werde, erscheine zumindest fraglich. "Sell on good news" werde wohl wahrscheinlicher sein als eine Fortsetzung der Rekordjagd.

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