Armutszeugnis, Kommentar zum Chaos an den Flughäfen von Lisa Schmelzer
Frankfurt (ots)
Drei Bundesministerien sind derzeit damit beschäftigt, des aktuellen Flugchaos Herr zu werden. Als hätte die Politik nichts anderes zu tun! Aber die Luftfahrtbranche ist immer schnell dabei, Hilfe bei der Politik einzufordern, wenn es mal wieder klemmt. Und in Ministerien wird der Hilferuf meist schnell erhört, hat doch immer der Verbraucher zu leiden, wenn es klemmt, also der Wähler. Der soll doch nun ohne Probleme nach mehr als zwei Jahren Pandemie in den Urlaub fliegen können, also sorgen die Minister des Inneren, für Arbeit und Verkehr dafür, dass ausländische Mitarbeiter übernehmen können.
Die Corona-Pandemie hat gerade in der Luftfahrtbranche noch nie dagewesene Schäden angerichtet. Der Verkehr hat sich nun außerdem schneller erholt als erwartet. Das macht eine korrekte Planung für Personal und Abläufe nahezu unmöglich, zumal das Hochfahren eines derart komplexen Systems an und für sich schon eine große Herausforderung ist. Dennoch können sich Airlines und Flughäfen nicht allein damit herausreden. Lufthansa-CEO Carsten Spohr hat nun erstmals kundgetan, man habe es wohl mit dem Sparen in der Krise übertrieben, und hat damit ein wahres Wort gesprochen. Statt die Milliardengelder, die diverse Staaten zur Verfügung gestellt haben, zu nutzen, um möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten, wurde vielmehr in Abfindungsprogramme investiert, um möglichst viel Personal loszuwerden. Das fällt den Unternehmen jetzt auf die Füße - und den Flugreisenden.
Besonders ärgerlich ist der Hilferuf an die Politik, weil sich gerade viele Fluglinien sonst jede politische Einmischung verbitten. Selbst als der Lufthansa während der Pandemie das Geld auszugehen drohte und der Staat Milliarden verteilte, kämpften Spohr und sein Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley vehement gegen zu viel politische Mitsprache. Die Finanzmittel wurden schnellstmöglich zurückgezahlt, wegen der steigenden Zinsen, aber auch, um Einflussnahme des Staates etwa bei M&A-Transaktionen und Vergütungen zügig zu unterbinden.
Im Übrigen wurde immer wieder betont, dass man angesichts der Pandemie völlig unverschuldet in eine existenzielle Krise geraten sei. Das mag so sein. Wäre aber nicht über Jahre die Liquiditätsdecke dünn gehalten worden, hätte man sich sicher länger selbst über Wasser halten können. Gerade die Lufthansa muss sich also fragen lassen, ob das ein oder andere Problem der Gegenwart und der Vergangenheit nicht vor allem hausgemacht ist. Dass es jetzt mal wieder der Staat richten soll, ist auf alle Fälle ein Armutszeugnis für die ganze Branche.
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