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Domino Day, Kommentar zum Kryptomarkt von Alex Wehnert

Frankfurt (ots)

Der 9. November könnte als "Domino Day" in die Geschichte des Kryptomarkts eingehen. Unter diesem Titel liefen im Fernsehen früher Veranstaltungen, in deren Rahmen Weltrekorde an gefallenen Spielsteinen in einer Kettenreaktion aufgestellt werden sollten. Ein solcher Domino-Effekt dürfte sich bei einer Insolvenz der Kryptobörse FTX auch durch die Digital-Assets-Branche ziehen - mit anderen Handelsdienstleistern, Lendern, Brokern und Hedgefonds als Spielsteinen, die der Reihe nach und in zunehmend rapider Geschwindigkeit umkippen.

Schließlich sind FTX, ihr Gründer Sam Bankman-Fried und dessen Tradinghaus Alameda Research eng mit dem restlichen Krypto-Ökosystem verbunden. Alameda kündigte am Donnerstag an, den Handel einzustellen. Und dass FTX in die Pleite rutscht, ist bereits seit Mittwochabend noch ein gutes Stück wahrscheinlicher geworden. Denn zu diesem schicksalhaften Zeitpunkt zerschlug sich die Hoffnung auf eine Rettung durch Marktführerin Binance, die am Dienstag noch überraschend Übernahmeabsichten in Bezug auf die angeschlagene Konkurrentin erklärt hatte. So stieß Binance bei ihrer Due Diligence auf eine massive Lücke zwischen Assets und Verbindlichkeiten von FTX - diese soll sich auf bis zu 8 Mrd. Dollar belaufen.

Laut dem in kurzer Zeit tief gefallenen Bankman-Fried benötigt die Plattformbetreiberin 4 Mrd. Dollar, um solvent zu bleiben. Dem einst als Wunderkind gefeierten 30-Jährigen, dessen Vermögen zuletzt binnen eines Tages von über 15 Mrd. Dollar auf weniger als 1 Mrd. Dollar einbrach, bleibt nun nur noch übrig, um Finanzierungen zu betteln. Ob diese in Form von zusätzlichem Eigenkapital oder Krediten zustande kommen, ist Bankman-Fried dabei inzwischen wohl vollkommen egal.

Dabei stellt sich allerdings die Frage, wer mutig oder dumm genug ist, dem einstigen Hoffnungsträger der Kryptoszene jetzt noch zur Seite zu springen. Mehrere zahlungskräftige Geldgeber wie Blackrock oder Softbank haben sich an ihren Investitionen in FTX die Finger verbrannt, die Venture-Gesellschaft Sequoia hat den gesamten Wert ihrer Beteiligung an FTX.com und FTX.us bereits abgeschrieben.

Vor allem ist problematisch, dass potenzielle Investoren das verzweigte Imperium von Bankman-Fried kaum durchschauen können. So ist FTX eigentlich im Begriff, die Assets des kollabierten Brokers Voyager für 1,4 Mrd. Dollar zu übernehmen, dem Alameda im Juni mit einem Darlehensvertrag über 500 Mill. Dollar unter die Arme gegriffen hatte. Möglicherweise zählt Bankman-Fried zudem zu den Bietern für die insolvente Lending-Plattform Celsius Network.

Durch die Schieflage von FTX reduziert sich nun indes die Zahl der bilanzkräftigen Unternehmen im Kryptosegment, die in Notlage geratenen Wettbewerbern als Liquiditätsprovider beispringen können. Eine neue Insolvenzwelle im Markt könnte daher noch stärkere Verwüstungen anrichten als die durch den Crash des Stablecoins Terra USD losgetretene Pleitenserie aus dem Frühjahr. Die Ratingagentur Moody's warnt bereits davor, dass Notlagen im Kryptokosmos bei einem substanziellen Aufbau des Leverage auch auf das Bankensystem übergreifen könnten. Der erste Stein, der eine solch weitreichende Krise auslösen könnte, fällt gerade.

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