Börsen-Zeitung: Kommentar zur Dividendenpolitik börsennotierter Unternehmen von Walther Becker: Schütt aus, halts zurück
Frankfurt (ots)
Cash ist wieder in der Täsch. Die Schuldenproblematik europäischer Konzerne gehört im Großen und Ganzen der Vergangenheit an. Relativ zum Bruttosozialprodukt verdienen die Unternehmen so gut wie seit 15 Jahren nicht, börsennotierte Gesellschaften kommen auf die höchsten Renditen seit den sechziger Jahren. Da die Investitionen in Sachanlagen niedrig sind, werden starke freie Cash-flows generiert. Stellt sich die Frage: Wohin damit? Thesaurieren, zur Finanzierung von externem Wachstum nutzen oder an die Aktionäre verteilen?
Microsoft macht nun einen Weg vor. Traditionell dividendenknausrig, ringt sich der Software-Riese dazu durch, die Aktionäre mit einer Rekordausschüttung zu bedenken. Auch das gewaltige Aktienrückkaufprogramm zielt darauf, den Eigentümern mehr Mittel zukommen zu lassen. Und doch: Die Gates-Company behält noch so viel in der Kriegskasse, dass eine gigantische Übernahme möglich bleibt. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite: Quasi- Monopolist Microsoft gesteht ein, mit der üppig sprudelnden Liquidität derzeit unternehmerisch nichts anfangen zu können. Und wie kommen die Signale aus Redmont hierzulande an? Deutsche Blue Chips jedenfalls halten bislang ihre Kassen zusammen. 10,5 Mrd. Euro haben Dax-Unternehmen für 2003 ausgeschüttet. Ein Viertel davon entfällt jedoch allein auf das Meister-Trio DaimlerChrysler, Eon und Siemens. Mit der Rückkehr zur Ausschüttung bei Commerzbank, Lufthansa und Telekom werden es im laufenden Turnus zwar wieder mehr, immerhin fünf Dax-Adressen aber ließen ihre Aktionäre zuletzt leer ausgehen. Doch was ist der Königsweg?
Wenn die Ertragskraft steigt und sich die Kasse füllt, kann das Unternehmen zum einen die Gewinne thesaurieren, um über den Umweg erwarteter Kurssteigerungen sowohl Aktionäre als auch via Stock Options das Management profitieren zu lassen. Das allerdings bleibt eine unsichere Geschichte, denn Volatilitäten und externe Faktoren können den Kapitalmarkt verhageln und die Performance zunichte machen.
Und Rückkäufe? Kurse europäischer Unternehmen, die Buy-backs angekündigt hatten, entwickelten sich in den folgenden zwölf Monaten im Schnitt immerhin um 13% besser als der Markt. Aber auch hier gibt es keine Gewissheit. Bleibt die Alternative, freie Mittel in Übernahmen zu stecken. Das geht bei einem Zuviel an Geld nicht selten schief: Unter Anlagedruck hat sich schon manches Management in missglückte und überteuerte Expansionsabenteuer gestürzt. Da ist es für beide Seiten besser, wenn der Investor selbst entscheidet. Fazit: Ein dicker Batzen der Gewinne gehört in jedem Fall aufs Konto der Eigentümer.
(Börsen-Zeitung, 23.7.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original content of: Börsen-Zeitung, transmitted by news aktuell