Börsen-Zeitung: Der iberische Coup, Kommentar zum SCH-Übernahmeangebot an Abbey National von Norbert Hellmann
Frankfurt (ots)
Spanischen Seefahrern mag es gelungen sein, Lateinamerika zu erobern, an den Engländern aber biss sich die Armada die Zähne aus. Ist Santander Central Hispano nach erfolgreicher Südamerika- Expansion gut beraten, via Abbey National in den britischen Bankenmarkt einzudringen? Warner gibt es genug. So bezweifeln spanische Bankanalysten Sinn und Zweck der geografischen Diversifikationsstrategie.
Was das neu in den Vordergrund geschobene Konzept der multi- lokalen Retail-Bank angeht, scheint es eher dem Schlagwortkatalog einer PR-Firma als einem strategischen Denkerhirn entsprungen zu sein. Schließlich gibt es Stimmen, die dem britischen Hypothekenmarkt voraussagen, seine beste Zeit bereits hinter sich zu haben.
Bei aller Skepsis gegenüber grenzüberschreitenden Bankenzusammenschlüssen und ihren Integrationslasten kann man dem SCH schlecht blinden Eifer vorhalten. Eine günstigere Gelegenheit, in den sonst so teuren britischen RetailMarkt einzusteigen, wird sich kaum wieder finden lassen. So soll Abbey National etwa das 1,7fache des Buchwerts kosten, während größere Bankenzusammenschlüsse der letzten Zeit im Durchschnitt bei etwa 2,6 lagen.
Was den Niedergang des britischen Hypothekenbooms angeht, ist dies eine Prophezeiung, die man seit mehreren Jahren hört. Die britischen Banken sind bislang bestens damit gefahren, sich hier entsprechend taub zu stellen. Bezüglich anderer Gefahrenquellen, die man sich im Zusammenhang mit Abbey National ausmalen kann, lässt sich der SCH vor allem ein gutes Timing bescheinigen. Die Altlasten im internationalen Wholesale-Geschäft, das Abbey National vor knapp drei Jahren in die Krise stürzte, sind restlos aufgearbeitet. Was retailspezifische Risiken anging, war es nicht so sehr das Kreditgeschäft, sondern vielmehr der Lebensversicherungszweig, der Sorgen machte. Hier aber hat die britische Finanzaufsicht kürzlich grünes Licht gegeben, was heißen will, dass Abbey keine Barmittel einschießen muss, um die neuen britischen Solvenzbestimmungen zu erfüllen. Dass SCH so kurz nach der versicherungstechnischen Entwarnung zuschlug, ist kein Zufall.
Da SCH sich schon seit einem halben Jahr intensiv mit Abbey beschäftigte, kann es jetzt schnell gehen. Internationale Konkurrenten werden sich jetzt kaum noch dazwischendrängen können. Und auch die britischen Bankriesen können dem SCH im Rahmen eines Bieterkampfes nicht mehr in die Suppe spucken. Seitdem Lloyds TSB in 2001 mit einem Übernahmeversuch für Abbey bei den Wettbewerbshütern abblitzte, kommen heimische Großbanken als Aufkäufer nicht in Frage.
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