Börsen-Zeitung: Telefonnummer für Euroland, Kommentar zur Ernennung Jean-Claude Junckers zum ständigen Vorsitzenden der Euro-Gruppe von Christof Roche
Frankfurt (ots)
Euroland hat es geschafft. Nach fünf Jahren Währungsunion haben die Finanzminister endlich ihre Eitelkeiten abgestreift und den Streit zwischen Groß und Klein beigelegt. Vom nächsten Jahr an wird die Finanzpolitik, wie bereits die Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank, mit einem mehrjährigen Vorsitz international Flagge zeigen. Euroland wird, was wichtig vor allem für die Partner im erlesenen G7-Club ist, künftig eine Telefonnummer haben, und zwar eine mit Luxemburger Vorwahl.
Die Wahl von Jean-Claude Juncker als Mr. Euro wird aber nicht nur den Auftritt Eurolands auf der globalen Politbühne stärken. Auch an den internationalen Finanzmärkten hat sich der Luxemburger, immerhin seit 1989 als Kassenwart im eigenen Land unterwegs, mit Fachkenntnis und besonnenen Auftritten eine hohe Reputation erworben. Das ist ein solides Fundament, wenn Juncker politische Strategien und Ziele der Währungsunion, aber auch deren Position zu Konjunktur, Wechselkurs oder Ölpreisen formuliert.
Diese Wertschätzung in der Öffentlichkeit ist denn auch das größte Asset, wenn Europas dienstältester Finanzminister in die innere Reform Eurolands mit Stabilitätspakt, Ex-ante-Koordinierung der Budgetpolitik und Strukturreformen einsteigen wird. Denn vor allem das Rückgrat der Eurozone, die Fiskaldisziplin, steht heute auf der Kippe. Brüssel will das juristische Korsett des Pakts, 1996 in Dublin nur unter Vermittlung Junckers zwischen Helmut Kohl und Jacques Chirac aus der Taufe gehoben, mit mehr ökonomischer Vernunft füllen, was viele, allen voran die Bundesbank, als einseitige Aufweichung kritisieren.
Juncker wird im neuen Amt in dieser Debatte eine Führungsrolle einnehmen, und die Ausgangslage dazu ist günstig: Der eloquente Luxemburger beherrscht perfekt die Klaviatur der Medien, um seine Botschaft auch in den äußersten Winkel Eurolands zu transportieren und so die Öffentlichkeit als Verbündeten zu instrumentalisieren.
Allerdings: Soll der Pakt wirklich wiederbelebt werden, dann muss auch Juncker seinen Kurs leicht korrigieren. Denn es war das Großherzogtum Luxemburg, das, im ökonomischen Würgegriff zwischen Deutschland und Frankreich, mit seiner Unterstützung im Rat die Aussetzung der Stabilitätsverfahren gegen beide Staaten ermöglichte und damit die Paktdebatte erst provozierte. Findet Juncker, woran keiner ernsthaft zweifelt, in diesem Spannungsfeld zwischen Stabilitäts- und Realpolitik zu altem Geist zurück, dann hat der Pakt eine Chance auf einen Neubeginn. Denn unbestritten ist: Wenn einer das Zeug hat, zwischen allen Positionen erfolgreich zu vermitteln, dann ist das der neue "Mr.Euro".
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