Börsen-Zeitung: Organisierst du noch? Kommentar zur Neuordnung der Zuständigkeitsbereiche im erweiterten Vorstand bei der Deutschen Bank von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Seit mehr als einer Woche war die halbe Republik in Aufruhr. Was ist geschehen? Hat Mainz 05 die Bayern schon endgültig von einem Uefa- Pokal-Platz verdrängt? Führt die Bundesregierung das Zwangspfand auf Zigarettenschachteln ein? Oder schafft Ikea das Billy-Regal ab?
Zumindest über die ersten beiden dieser drei Ereignisse würden wir uns nicht wirklich wundern. Doch um nichts davon geht es. Was (zeitweise) Märkte und (manche) Medien so in Atem hielt, war nur die schätzungsweise 350. Umstrukturierung in der 134-jährigen Geschichte der Deutschen Bank. Betroffen diesmal: einige Abteilungsleiter auf der Ebene direkt unter dem Vorstand, genannt Group Executive Committee. Einer aus diesem Septett, der bisher für das Asset Management verantwortliche Tom Hughes, hat in diesem Fall glaubhaft aus familiären Gründen um Beurlaubung gebeten. Die Aufgaben anderer werden neu sortiert, was teilweise zu erweiterten Zuständigkeiten manche werden sagen: zu mehr Macht führt. Neu ist der Funktionszuschnitt von Jürgen Fitschen mit der wunderbaren, freilich in sich nicht ganz widerspruchsfreien Bezeichnung Head of Regional Management weltweit sowie als Vorsitzender eines nun aus der Taufe gehobenen Management Committee Deutschland.
Um noch einmal auf Ikea zurückzukommen: Organisierst Du noch, oder arbeitest Du schon?, könnte man die Deutsche Bank fragen. Der Umbau, nicht zuletzt auf den oberen Managementetagen, ist in diesem Haus (bei einigen anderen auch) ein Dauerzustand. Dagegen ist zunächst nichts zu sagen. Wenn eine Führungsstruktur oder deren personelle Besetzung sich nicht hinreichend bewährt hat, muss ein Unternehmen es mit einer neuen Konstellation versuchen. Was stört, sind die Inszenierung und das Brimborium, die um solche Personalien jeweils veranstaltet werden, angefangen beim Lancieren von Gerüchten diesmal zu einem Zeitpunkt, zu dem angeblich nur der vierköpfige aktienrechtliche Vorstand in die ersten Überlegungen eingeweiht war. Aber die Deutsche Bank und die Diskretion, das ist ein Thema für sich.
Der Eindruck drängt sich auf, dass manche Häuser sich etwas zu viel mit sich selbst statt primär mit den Kunden beschäftigen. Geschäftliche Probleme wie etwa die jüngsten hohen Mittelabflüsse im Asset Management der Deutschen Bank sind dann eine logische Folge. Wenn die neue Führungsstruktur dazu beiträgt, dass sich das schiefe Verhältnis wieder umkehrt, und zwar namentlich auf dem Heimatmarkt des Instituts, wo die bisherige Organisation allem Anschein nach zu einer Beziehungskrise zwischen der Bank und ihren Kunden geführt hat, dann mag sich der Ausflug nach Nizza gelohnt haben.
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