Börsen-Zeitung: Alarm am US-Arbeitsmarkt, Kommentar von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots)
Mit den Fernseh-Debatten der beiden Kandidaten ist der US- Präsidentschaftswahlkampf noch einmal richtig spannend geworden. Die jüngste Entwicklung am Arbeitsmarkt, dem wahlentscheidende Bedeutung beigemessen wird, sollte dafür sorgen, dass dies bis zum 2. November auch so bleibt. Denn die nachlassende Beschäftigungsdynamik spielt dem Herausforderer des in Umfragen lange favorisierten Amtsinhabers George Bush zunehmend in die Hände.
Den ersten Dämpfer setzte es vor drei Monaten, als für Juni statt der prognostizierten 250000 neuen Stellen außerhalb der Landwirtschaft nur 112000 ausgewiesen wurden. Seitdem hat sich das Jobwachstum weiter abgeschwächt. Im Juli brach der Stellenaufbau auf 32000 ein erwartet worden waren 243000. Nachdem die Prognose im August nur um 6000 unterboten worden war, ist das Jobwachstum im September auf 96000 zurückgefallen, das sind immerhin 59000 weniger als vorhergesagt. Bush dürfte inzwischen froh darüber sein, dass der nächste Arbeitsmarktbericht erst drei Tage nach der Wahl veröffentlicht wird.
Über mangelnde Unterstützung aus dem Statistikbüro des US- Arbeitsministeriums darf er sich dabei nicht beklagen, schlug die Behörde doch allein im vorvergangenen Monat auf die für Geschäftsstillegungen und Neugründungen in Rechnung gestellte Dunkelziffer pauschal 120000 Stellen hinzu. Was Wunder, dass der 144000 Stellen starke Zuwachs im August nun um 11% runter revidiert wurde.
Die Anleger haben sich davon nicht blenden lassen und Zinsfantasie aus dem Bondmarkt herausgenommen. Sie tun gut daran. Mit einem annualisierten Wachstum von 3,3% im zweiten Quartal hält sich das Bruttoinlandsprodukt zwar noch wacker, doch reicht das offenbar immer noch nicht für die Schaffung neuer Arbeitsplätze auf breiter Front. Es ist deshalb nur eine Frage der Zeit, wann die schlechten Beschäftigungsperspektiven auch auf den Privatkonsum durchschlagen. Dabei steht der schon wegen der hohen Energiepreise unter Druck.
Die US-Notenbank ist damit in eine heikle Situation geraten. Bislang hatten die Geldpolitiker erkennen lassen, dass sie die hohen Energiekosten als temporäres Phänomen ansehen, das den Aufschwung letztlich nicht abwürgt. Hatten sie dabei aber New Yorker Preise von 53 Dollar je Fass Rohöl im Sinn? Spätestens nach den jüngsten Arbeitsmarktdaten wäre eher eine Reduktion des Leitzinses am 10. November geboten. Nach einer jahrelangen Politik des leichten Geldes dürfte sich die Fed aber allenfalls zu einer Bestätigung des Fed Fund durchringen. Ihr Horizont muss schließlich über den 2. November hinausreichen.
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