Börsen-Zeitung: Kommentar zum anstehenden Führungswechsel bei MG Technologies von Walther Becker: Starkes Stück
Frankfurt (ots)
Ihre Tradition hat die frühere Metallgesellschaft weitgehend abgestreift. Nur die eine nicht: den Zoff zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Otto Happel, mit 20% des Kapitals der größte Einzelaktionär der MG Technologies, hat im vergangenen Jahr Karl Josef Neukirchen gekippt. Jetzt hat er im Krach mit dessen Nachfolger Udo Stark obsiegt. Nach gut eineinviertel Jahren muss der Manager gehen. Nichts ist bei dem Konzern so beständig wie diese Stücke aus dem Tollhaus.
Das Drama in mehreren Aufzügen und Neuauflagen der Titel mag Highnoon in Frankfurt lauten dürfte zwar Teile der Öffentlichkeit prächtig unterhalten. Dem in den Zuschauerraum verbannten Streubesitz und den im Haus operativ Tätigen bleibt allerdings das Lachen im Halse stecken. Sie ziehen regelmäßig den Kürzeren. Schon unter dem Streit zwischen Neukirchen und Happel haben Ansehen und Börsenbewertung kräftig gelitten. Jetzt geht der Kurs erneut auf Tauchstation.
Manch einer mag Happel selbst ans Ruder wünschen, um derlei Konflikte künftig zu bannen. Die Firmierung ließe sich in Ohag (für Otto Happel AG) ändern. Aber Scherz beiseite: Happel hat zunächst mit Neukirchen gekonnt, nachdem er seine Gea der MG verkauft hatte. Und er hat Stark geholt, nachdem er Neukirchen mit goldenem Fallschirm versehen vom Vorstandssessel kickte. Er kannte Starks Karriere und vertraute dessen Fähigkeit, Portfolios zu bewerten und Assets zu verkaufen. Wie konnte sich der Aufsichtsrat so sehr täuschen?
Stark seinerseits wusste von Beginn an, dass er es bei Happel mit einem aktiven Aufsichtsrat zu tun hat, der sich nicht mit vier Sitzungen im Jahr abfindet, sondern gestaltend eingreift. Nach aller Erfahrung wird in Familienunternehmen nicht so lange gefackelt wie bei Publikumsgesellschaften. Allein: Die MG ist (eigentlich) kein Familienunternehmen.
In einer solchen Konstellation dem Großaktionär die Machtfrage zu stellen, erscheint blauäugig. Ein solches Verhalten würde dann plausibel, sollte sich der Vorwurf und damit die Grundlage der Entscheidung des Aufsichtsrats bewahrheiten, dass es dem früheren Agiv-Chef nur darum geht, die eigenen Taschen zu füllen. Dann handelte es sich um ein starkes Stück. In der aktuellen Diskussion über die Höhe der Vorstandsbezüge wäre ein solches Abkassieren ein fatales Signal. Der neuerliche Showdown bei der MG bietet Anlass genug, die hierzulande übliche Bestellung der Vorstände auf fünf Jahre in Frage zu stellen. Weniger wäre hier mehr. Mehr Ansporn für Manager, etwas zu leisten und weniger auf Vertragserfüllung bei vorzeitigem Ausscheiden zu schielen.
(Börsen-Zeitung, 16.10.2004)
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