Börsen-Zeitung: Geschafft? - Kommentar von Annette Becker zur Einigung zwischen KarstadtQuelle und den opponierenden Kleinaktionären
Frankfurt (ots)
KarstadtQuelle hat es geschafft. So ließe sich die Einigung mit den opponierenden Kleinaktionären interpretieren, die dem Konzern die dringend erforderliche Kapitalspritze ermöglicht und vorerst das Überleben sichert. Doch dieser Schluss wäre voreilig. Mit der Refinanzierung hat sich KarstadtQuelle nämlich nur die Voraussetzung geschaffen, mit der eigentlichen Konzernsanierung zu beginnen und das mitten im Weihnachtsgeschäft.
Wie schädlich es ist, tagtäglich die Schlagzeilen der Zeitungen zu füllen, hat der Konzern schon längst zu spüren bekommen: Fehlten dem Handelshaus nach neun Monaten gegenüber dem Vorjahr 6% an Umsatz, waren es per 15. November schon 7%. Schlimmer darf es nicht kommen, denn sonst wird die zum zweiten Mal nach unten korrigierte Prognose erneut Makulatur.
Die Folgen wären verheerend: Die Kredite der Banken stünden unter den üblichen Vorbehalten, die Verträge enthielten MAC-Klauseln, umschrieb der Finanzvorstand auf der Hauptversammlung beschönigend. MAC steht dabei für Material Adverse Change und dürfte sich im Wesentlichen auf operative Kennziffern wie Umsatz und Ergebnis beziehen. Welche Konsequenzen die Banken beim Eintritt von MAC ziehen, blieb allerdings offen. Im günstigsten Fall werden die Kredite teurer, im schlimmsten Fall werden sie fällig gestellt.
Doch was kann KarstadtQuelle auf die Schnelle tun, um den Umsatz wieder ans Laufen zu bringen? Die Ausgangslage ist denkbar schlecht. Mit Rabattaktionen für Laufkundschaft sorgen ist in jedem Fall die falsche Strategie. Denn die Erfahrung lehrt, dass dieser Schuss immer nach hinten losgeht. Die Sortiments- und Portfoliobereingung ist zwar ein wichtiger Aspekt, lässt sich jedoch nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Auch die alte Handelsweisheit, dass das Geld im Einkauf verdient wird, ist kein Rezept, das sich im Rahmen einer Sofortaktion realisieren ließe.
Muss dem Umsatzverfall also tatenlos zugesehen werden? Nein. Eine echte Notfallmaßnahme wäre, endlich für Ruhe zu sorgen nach innen, wichtiger noch aber nach außen. Das Image des Waren- und Versandhausriesen hat in den vergangenen Monaten unter den permanenten Gerüchten und Spekulationen stark gelitten. Ja, es ist mehr als ein Verdacht, dass an der Demontage des Vorstands gezielt gearbeitet wird.
Warum nur, möchte man fragen. Doch die Frage verhallt, ohne dass eine Antwort geliefert wird. Der hochrangige Banker, den Reuters als Quelle für die geforderte Demission des Vorstandschefs liefert, hat offenbar noch nicht verstanden, dass er mit Christoph Achenbach im gleichen Boot sitzt.
(Börsen-Zeitung, 27.11.2004)
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