Börsen-Zeitung: Allen wohl? - Kommentar von Peter Olsen zur ersten Teillösung in der Opel-Krise
Frankfurt (ots)
Politiker und Arbeitnehmervertreter überschlagen sich geradezu im Lob für die erste Teillösung in der Opel-Krise. Dabei ändert sich an der hohen Zahl wegfallender Stellen die Rede ist von 10000 oder jedem dritten Opel-Arbeitsplatz in Deutschland nichts. Allein der Abbau wird sozialverträglich absolviert, sprich: möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen und mit diversen Regelungen gut gepampert.
Dass sich in der Politik Erleichterung breit macht, ist nachvollziehbar, gleichwohl aber wenig verständlich. Immerhin gehen auf Sicht tausende sozial- und steuerpflichtige Jobs verloren. Kann man denn wirklich allein damit zufrieden sein, dass in diesen Tagen das zarte Pflänzlein Aufschwung und die etwas optimistischere Einkaufsstimmung in der Vorweihnachtszeit nicht von lautstarken Protesten in Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern gestört werden?
Und kann man als Gesamtbetriebsrat eine Einigung als akzeptabel verkaufen, in deren Rahmen 10000 Stellen unwiederbringlich verloren gehen? In Deutschland wird immer gerne darauf verwiesen, man müsse bei allem Handeln auch an die kommenden Generationen denken. Wie wahr! In den drei Opel-Standorten engt sich die Beschäftigungsperspektive dauerhaft ein.
Man fühlt sich bei dem ganzen Wortgeklingel an die alte Mainzer Fastnachtsparole erinnert: allen wohl und niemand weh. Fakt bleibt aber, die deutsche Tochter von General Motors muss die heftigsten Einschnitte ihrer Geschichte hinnehmen.
Wenn aber wenigstens geklärt wäre, wohin die Reise geht. Die Entscheidung, wo der in einigen Jahren kommende Nachfolger der aktuellen Vectra- und Saab-9-3-Reihen vom Band geht, ob in Rüsselsheim oder im schwedischen Trollhättan, wurde auf die lange Bank geschoben. Klar, in beiden Ländern weiß man um die volkswirtschaftliche Bedeutung von Automobil-Standorten.
GM-Europe-Vize Carl-Peter Forster hat gerade wieder das alte Hausmittel zur Ertragssteigerung gepriesen: über größere Stückzahlen müssten Economies of Scale gehoben werden. Der einfachste Weg dazu ist, Produktion von zwei Werken auf eine Anlage zu konzentrieren, die dann mit hoher Auslastung betrieben werden kann. General Motors hat rein rechnerisch einWerk zu viel in Europa, da beißt die Maus keinen Faden ab. Neue Werke kosten viel Geld. Dass aber auch Personalabbau und möglicherweise Werksschließungen sehr viel Geld kosten, muss GM nicht das erste Mal erleben. Wie bitter aber muss es für GM sein, die Folgen verfehlter Modellpolitik teuer bezahlen und gleichzeitig zusehen zu müssen, dass erfolgreiche Wettbewerber in einem so schwierigen Markt wie Europa sogar noch zusätzliche Kapazitäten aufbauen.
(Börsen-Zeitung, 10.12.2004)
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