Börsen-Zeitung: Kommentar von Gottfried Mehner zur außerordentlichen Hauptversammlung der Phoenix AG: Unter Conti-Fittichen
Frankfurt (ots)
Die letzte Hauptversammlung der Phoenix AG als selbständig notierte Aktiengesellschaft entpuppte sich nicht ganz überraschend als Kolleg der Unternehmensbewertung. Auf beiden Seiten rangen sehr versierte Matadore um die verbale Oberhoheit, obwohl die Mehrheitsverhältnisse seit geraumer Zeit eindeutig sind. Continental hält 75,6% und wird den kleineren Wettbewerber so oder so assimilieren. Ende.
Es ist immer traurig, wenn ein Börsenwert verschwindet, vor allem wenn er wie Phoenix die Hoffnung im Namen trägt. Es ist aber ebenso bitter wie lehrreich, dass dieser Verlust der Eigenständigkeit durch den Abschluss eines Standortsicherungsabkommens, das betriebsbedingte Kündigungen ausschloss, beschleunigt wurde und die Attacke von Conti erst ermöglicht hat. Jetzt verschwinden 860 Jobs.
Den Schlussakt spielte Conti betont vorsichtig: Der außerordentlichen Hauptversammlung wurde gestern ein Doppelbeschluss präsentiert: Sowohl ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als auch ein Verschmelzungsvertrag. Der Unternehmensvertrag, der zuerst im Handelsregister eingetragen wird dies ist im ersten Quartal 2005 zu erwarten , wird umgesetzt. Dabei wirkt der Verschmelzungsvertrag natürlich sehr viel weitgehender und führt zum juristischen Verglühen von Phoenix.
Natürlich gab es zum Abschluss noch einmal tüchtig etwas auf die Ohren. Von einem skandalösen Umtauschverhältnis war die Rede, mit gezinkten Karten sei gespielt worden, der Basiszinsfuß sei zu hoch gewählt und der Wachstumsabschlag völlig willkürlich. Im Übrigen, das weiß ja jeder, gebe es keinen empirisch zu begründenden Zusammenhang zwischen Verschuldungsgrad und Betafaktor. Toll, dass das im ausgehenden Jahr noch einmal angesprochen wurde.
Natürlich hat sich Conti im Hintergrund bei den Konditionen etwas gedacht. Vor allem das Tauschangebot in die nicht börsennotierte ( das soll so bleiben) Tochter ContiTech kann man durchaus als Animierung zum Ausstieg ansehen. Auch Termin und Ort (Seevetal) waren eher hinterhältig gewählt.
Erneut überraschte es, mit welcher Schnörkellosigkeit Conti zum Ziel kam. Die WestLB war bei 14 Euro bei Phoenix ausgestiegen. Im Rahmen des freiwilligen Abfindungsangebots wurden 15 Euro geboten und schließlich beim Abschluss des Organschaftsvertrags sowie im Zusammenhang mit dem Verschmelzungsvertrag eine Barabfindung von 18,89 Euro. Das sieht alles sehr haushälterisch aus. Nur so viel bieten wie absolut notwendig. Conti-Chef Wennemer hat etwas hinbekommen, woran zuvor ganz andere gescheitert sind.
(Börsen-Zeitung, 29.12.2004)
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