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Börsen-Zeitung: Kommentar von Christina Rathmann zum Fondsstandort Deutschland: Weniger Aufsicht wäre mehr

Frankfurt (ots)

Wie viel Aufsicht braucht ein Fonds? Diese Frage
stellt sich aufgrund der ernüchternden Bilanz nach einem Jahr
Investmentgesetz. Fehlende Detailregelungen der deutschen
Finanzaufsicht und die daraus resultierende Rechtsunsicherheit haben
dazu geführt, dass die Anbieter neue Produkte mehr denn je im Ausland
auflegen. Konkurrierende Finanzplätze – allen voran Luxemburg – haben
im Wettstreit um die Gunst der Fondsbranche im zu Ende gehenden Jahr
Boden gutgemacht. Wenn der Exodus der Fonds so weitergeht, machen
sich ihre Aufseher irgendwann selbst überflüssig. Dann heißt es: Wie
viele Fonds braucht eine Aufsicht?
Der Fondsstandort Deutschland gerät so immer weiter ins
Hintertreffen – und das ist völlig unnötig. Die Absicht des
Gesetzgebers, die Arbeitsbedingungen für die Industrie zu
erleichtern, wird konterkariert, wenn sich die Aufsicht in
detailverliebten Verordnungen für den Alltag ergeht, die zudem noch
lange auf sich warten lassen.
Indes klagen die Fondsanbieter hinter vorgehaltener Hand über den
hohen Aufwand, den sie inzwischen treiben müssen, um den
Anforderungen der Aufsicht zu genügen. Eine
Kapitalanlagegesellschaft, die einen einstelligen Milliardenbetrag
verwaltet, berichtet, dass rund 10% der Personalkapazitäten darauf
verwendet werden. Das sind ganze 10% der Personalkosten. Für kleine
und mittelgroße Anbieter, die sich um Profitabilität bemühen und in
Fondsmanagement und Administration sparen, wo sie nur können, ist das
ein bedeutender Kostenblock. Es kann nicht im Sinne der Aufsicht
sein, durch solche Belastungen eine Konsolidierung in der Branche zu
erzwingen.
Selbst in großen Häusern soll sich der Anteil, den die Kosten für
die Aufsicht an den Gesamtaufwendungen haben, der Marke von 10%
annähern. Das wären amerikanische Verhältnisse, wo die Aufsicht in
den vergangenen Jahren so manchem Fondsproduzenten hohe Bußgelder für
unsaubere Marktpraktiken aufgebrummt hat.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat
dafür zu sorgen, dass es zu Missständen, wie sie in den USA
aufgedeckt wurden, gar nicht erst kommt. Eine in diesem Sinne
präventive Aufsicht ist wünschenswert. Doch prohibitiv für das
Geschäft, das sie beaufsichtigt, darf sie nicht werden.
Dass es einen Mittelweg zwischen beiden Extremen gibt, beweisen
die Behörden an den Standorten Luxemburg und Dublin. Die Iren haben
in den vergangenen Jahren selbst dem Traditionsplatz Luxemburg
Geschäft abjagen können. Ein solches Selbstverständnis sollten auch
die Aufseher der BaFin entwickeln. Sie sind ein Standortfaktor im
internationalen Wettbewerb.
(Börsen-Zeitung, 30.12.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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