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Börsen-Zeitung: Kommentar von Christopher Kalbhenn zu den anstehenden Verhandlungen der Frankfurter Börse mit der LSE: Fusionsfolgen für Frankfurt

Frankfurt (ots)

Mit Spannung sieht die Öffentlichkeit den
Gesprächen entgegen, die der Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Börse, Werner Seifert, heute mit der London Stock Exchange (LSE)
führt. Denn der Kampf mit dem Rivalen Euronext um die größte
Aktienbörse Europas und die Führung in der Börsenlandschaft des
Kontinents tritt nun in die entscheidende Phase.
Unterdessen grassiert die Spekulation über die Zugeständnisse, mit
denen Deutsche Börse und Euronext versuchen, der LSE die Einwilligung
in eine freundliche Übernahme schmackhaft zu machen. Da die
Beteiligten derzeit eisern schweigen, ist dabei schwer zu erkennen,
was in den Medienberichten, die sich auf nicht näher spezifizierte
Quellen berufen, pure Mutmaßung oder echte Information ist. Die
Öffentlichkeit wird wohl noch eine Weile warten müssen, bis sie
Gewissheit erhält. Denn die Verhandlungspartner werden nicht gleich
heute zum Abschluss kommen.
Allerdings zeichnen sich einige der möglichen Folgen für die
Finanzplätze bereits ab. So wird Frankfurt im Falle des Erfolgs der
Deutschen Börse nicht um Verluste herumkommen. Unvermeidbar ist, dass
zumindest ein Teil der zentralen Management-Funktionen einer
fusionierten britisch-deutschen Börse von London aus wahrgenommen
würden, was nichts anderes als die Verlagerung von Personal vom Main
an die Themse bedeutet. Diese Aussicht hat bereits Politiker der
Region veranlasst, die Wahrung der Interessen des Standorts
anzumahnen bis hin zu der Forderung, gegebenenfalls
börsenaufsichtsrechtliche Mittel einzusetzen.
Das würde jedoch zu weit gehen. Denn nach den Plänen der Deutschen
Börse sollen die bestehenden lokalen Marktstrukturen – anders als
beim iX-Fusionsprojekt – weitgehend erhalten bleiben. Auch ist
signalisiert worden, dass der Sitz der Deutschen Börse in Frankfurt
bleiben soll. Die Möglichkeiten, mit dem Börsenaufsichtsrecht gegen
die Fusion vorzugehen, sind zudem begrenzt. Als Betreiberin der
Frankfurter Wertpapierbörse ist die Deutsche Börse verpflichtet, vor
Ort einen ordnungsgemäßen Börsenhandel sicherzustellen. Solange sie
im Rahmen ihres Fusionsprojekts die Erfüllung dieser Pflicht
darstellen kann – wovon auszugehen ist –, kann ihr als Unternehmen
nicht das Recht abgesprochen werden, Management-Kapazitäten nach
London zu verlagern.
(Börsen-Zeitung, 6.1.2005)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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