Börsen-Zeitung: Muskelspiele, Kommentar zur T-Online-Übernahme durch die Mutter Deutsche Telekom von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Die geplante Übernahme von T-Online durch die Mutter Deutsche Telekom hat ohne Zweifel echten Seltenheitswert: Selten hat eine Offerte so viel Empörung unter dem Streubesitz ausgelöst wie in diesem Fall, wo das Barangebot den T-Online-Aktionären nicht nur jegliche Prämie auf den letzten Schlusskurs versagt, sondern diesem obendrein ein Aktientausch mit noch ungünstigerer Bewertung der T- Online-Anteile folgen soll. Selten waren die Möglichkeiten der Gegenwehr bei den außenstehenden Aktionären so begrenzt.
Insofern ist verständlich, dass die aus ihrer Sicht Geprellten zum Sammeln blasen, um der Telekom eine Zugabe abzutrotzen. Wenige Tage vor Ablauf der Barofferte zum 4. Februar sind die in T-Online engagierten Hedgefonds wie erwartet aus der Deckung gekommen und lassen ihre Muskeln spielen. Diese erscheinen jedoch nur vordergründig stark. Zwar sind 6% an T-Online, die die Fonds offenbar kontrollieren, ein durchaus beträchtliches Volumen. Überdies darf man vermuten, dass ein solcher Aktionärspool weitere Anteilseigner und möglicherweise auch Aktionärsschützer hinter sich bringen könnte. Indes, ein echtes Erpressungspotenzial haben die rebellischen T-Online-Investoren nicht. Die Telekom wird auf der Hauptversammlung der Tochter den Verschmelzungsprozess mit Dreiviertelmehrheit durchsetzen, die Fusion ist also nicht aufzuhalten. Allenfalls können die mit der Bewertung ihrer Anteile unzufriedenen T-Online-Aktionäre darauf setzen, im Spruchstellenverfahren einen Nachschlag zu erhalten. Die Chancen dafür stehen erfahrungsgemäß nicht allzu schlecht.
Das weiß natürlich auch die Telekom. Im Interesse der eigenen Aktionäre lohnt sich daher möglicherweise ein Rechenexempel. Die Fonds haben sich mit einer konkreten Zugabeforderung in der Öffentlichkeit wohlweislich bedeckt gehalten. Gerade für sie ist vor allem auch Zeit Geld, so dass sie sich jetzt mit weniger zufrieden geben würden, als sie in einem späteren Spruchstellenverfahren möglicherweise erzielen können. Für die Telekom hätte ein Entgegenkommen umgekehrt den Charme, lieber früher einen geringen als später einen höheren Nachschlag zu zahlen. Obendrein würde sie einem monatelangen Schlagabtausch in der Öffentlichkeit den Boden entziehen und könnte die Integration von T-Online in Ruhe durchziehen.
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