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Börsen-Zeitung: Unsozial und unpatriotisch, Kommentar von Bernd Wittkowski zur öffentlichen Resonanz auf den von der Deutschen Bank angekündigten Stellenabbau

Frankfurt (ots)

Am Wochenende ist erhöhte Vorsicht vor
Geisterfahrern geboten. Denn dann werden regelmäßig Politiker und
Verbandsobere mit einer geballten Ladung Interviews, Talkshows und
Magazin-Vorabmeldungen auf die Menschheit losgelassen. Wir reden von
politischen Geisterfahrern. Da gibt es Oppositionsführer, die
glauben, für ihre Kritik des wirtschaftspolitischen Versagens der
Regierung die NPD instrumentalisieren und so die Neonazis salonfähig
reden zu müssen. Und da gibt es Minister und Gewerkschaftsbosse, bei
denen der Stellenabbau eines halbwegs ertragsstarken Unternehmens den
immer gleichen Pawlowschen Reflex auslöst: verantwortungslos,
unsozial, unpatriotisch. Darauf kann man vor allem dann wetten, wenn
das bestgehasste Unternehmen der Republik und der Watschenmann Nummer
1 vermeintlichen Anlass zur partei- und – von der IG Metall bis zum
BDI – verbändeübergreifenden Empörung geben: die Deutsche Bank und
ihr Chef Josef Ackermann.
Die Deutsche Bank baut brutto weitere 6400 Arbeitsplätze ab
(übrigens größtenteils ganz „patriotisch“ im Ausland). Das ist bitter
für die Betroffenen, mag auch der unfreiwillige Abschied für jene,
die nicht via Outsourcing zu anderen Arbeitgebern wechseln können, in
der Regel einigermaßen fair gestaltet werden. Aber an der
Effizienzsteigerung führt kein Weg vorbei, will die Bank bei der
Wettbewerbsfähigkeit zur globalen Konkurrenz aufschließen und damit
immerhin neun von zehn Beschäftigten eine aus heutiger Sicht günstige
Perspektive bieten. Was wäre den Populisten und Pharisäern aus
Politik und Gewerkschaften lieber? Eine (weitere) schwächelnde Bank,
die Überkapazitäten nicht beseitigt und dadurch krisenanfällig wird,
mit viel dramatischeren Folgen für die Beschäftigung? Insofern
sollten sich auch die Kritiker aus dem Sparkassenlager erst einmal an
die eigene Nase fassen: Schon 2003 hatte diese Gruppe, die sich ja
neuerdings ebenfalls an Renditezielen orientiert, 7000 Stellen
gestrichen.
Verantwortungslos, unsozial, unpatriotisch sind eine Wirtschafts-,
eine Steuer- und eine Tarifpolitik, die deutsche Unternehmen im
internationalen Wettbewerb benachteiligen und damit Arbeitsplätze
vernichten. Diese Politik wird von jenen Heuchlern verantwortet, die
nun wieder einmal auf „Manager ohne soziales Gewissen“ zeigen und an
die „patriotische Verantwortung“ der Unternehmen appellieren.
(Börsen-Zeitung, 8.2.2005)

Rückfragen bitte an:

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Redaktion
Telefon: 069--2732-0

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