Börsen-Zeitung: Fünf oder 50 Jahre, Kommentar zu Anleihen mit langer Laufzeit von Kai Johannsen
Frankfurt (ots)
Die Franzosen schlüpfen einmal mehr in die Pionierrolle. Nach den inflationsindexierten Anleihen, die innerhalb der Eurozone zuerst von Frankreich begeben wurden, stehen sie nun kurz davor, ultralange Laufzeiten von Staatspapieren als Ergänzung der bestehenden Refinanzierungsinstrumente zu begeben. Investoren können sich dabei auf Fälligkeiten von bis zu 50 Jahren einstellen.
Anleihen mit derartigen Fristigkeiten bedienen den Bedarf ganz bestimmter Investorenkreise, wie beispielsweise Versicherungen oder Pensionskassen. Sie sind sogenannte real money accounts, die tatsächlich über Verbindlichkeiten verfügen, die über die Laufzeiten von 30 Jahren hinausgehen. Für sie erscheinen Assets mit Fälligkeiten von 40 oder 50 Jahren wünschenswert, um ihre Verbindlichkeiten wie Pensionszusagen hinsichtlich Zeitpunkt, Struktur und Volumen mit den entsprechenden Assets matchen zu können. Für den Staat sind die Ultra-Langläufer eine Fundingalternative, die durchaus für Entlastung in anderen Laufzeitenbereichen sorgen kann. Es muss allerdings die Frage gestellt werden, mit welcher Nachhaltigkeit ein derartiges Laufzeitensegment in der Eurozone aufgebaut werden kann bzw. wird. Funding- und entsprechenden Volumenbedarf sehen Experten außer bei Frankreich nur noch in Deutschland und Italien. Derzeit sind die Zinsen äußerst niedrig. Das begünstigt die Entscheidung der Staaten, günstige Refinanzierungslevels langfristig festzuzurren. Aber wie sieht es in zehn oder 15 Jahren aus? Wird bei höheren Zinsniveaus das lange Laufzeitensegment vom Staat noch bedient, oder besteht die Gefahr, dass dieser Marktbereich dann austrocknet? Hinter vorgehaltener Hand spekulieren Experten darüber, dass der Zeithorizont der Franzosen bei der gegenwärtigen Studie vielleicht gerade einmal auf fünf Jahre ausgelegt ist. Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass der zehnjährige Bereich noch immer das liquideste Laufzeitensegment ist.
Man muss nicht weit über die Grenze der Eurozone blicken, um festzustellen, dass manche Länder über ganz andere Zeithorizonte verfügen. Die Türkei hat in dieser Woche die längste Laufzeit in der Geschichte des Landes mit Erfolg eingeführt. Fünf Jahre sind es geworden. Das könnte die Türken ermutigen, sich an das ultralange Ende von zehn Jahren zu wagen.
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