Börsen-Zeitung: Vermurkste Steuerpolitik, Kommentar zur auslaufenden Steueramnnestie von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Schwarze Tage für Hans Eichel: Erst verspielt der Bundesfinanzminister, ebenso wie seine europäischen Kollegen, per Reform des Stabilitätspaktes den letzten Rest an politischer Glaubwürdigkeit. Dann steigen die Kassel Huskies aus der Deutschen Eishockey-Liga ab. Und schließlich muss sein Haus auch noch einräumen, sich bei den erwarteten Einnahmen aus der nun ausgelaufenen Steueramnestie verschätzt zu haben. 1,5 Mrd. Euro statt der ursprünglich veranschlagten 5 Mrd. Euro sind es geworden. Knapp daneben ist auch vorbei.
Was die sportliche Zukunft angeht, darf Huskies-Fan Eichel noch hoffen, dass sein Club trotz der Niederlage im letzten Playdown- Spiel erstklassig bleibt, weil dem Aufsteiger EHC Wolfsburg vielleicht die Lizenz verweigert wird. Finanz- und steuerpolitisch dagegen wird in der Bundeshauptstadt längst auf Kreisklassenniveau gespielt übrigens von Regierung und Opposition gleichermaßen. So war auch das Amnestiegesetz von Anfang an großer Murks. Das beginnt mit der unter Gerechtigkeitsaspekten kaum vermittelbaren Zumutung, dass der generöse Rabatt für Steuerhinterzieher implizit die große Mehrheit der korrekten und aufrichtigen Bürger für ihre Ehrlichkeit bestraft. Aber wenn man schon solch geradezu biblische Nachsicht mit reuigen Sündern walten lässt, hätte die von Eichel gebaute Brücke nicht nur als optionaler Rückweg zur Steuerehrlichkeit (neben der seit jeher möglichen Selbstanzeige) dienen dürfen, sondern vor allem zur überfälligen radikalen Neuordnung der Kapitalertragsbesteuerung führen müssen. Doch die überzeugendste Lösung Abgeltungssteuer wird seit Jahren politisch zerredet. Stattdessen schwadronieren Krethi und Plethi allweil von der Wiedereinführung der Vermögensteuer oder der Anhebung der Erbschaftsteuer. Wäre der Gedanke nicht absurd, müsste man dahinter fast eine Strategie vermuten, das Kapital bekanntlich flüchtiger als ein scheues Reh immer mehr zu verschrecken. Vertrauen entsteht so jedenfalls nicht.
Am Vertrauen fehlt es auch dem Fiskus. Das ist die Logik der seit heute rechtswirksamen Kontenabrufmöglichkeit, durch die fortan eine neue Dimension auch unbescholtene Bürger im Fadenkreuz der Zielfahnder stehen (ein begründeter Verdacht auf Unregelmäßigkeiten wird ausdrücklich nicht vorausgesetzt). Dann in der Tat lieber Kontrollmitteilungen. Da weiß wenigstens jeder, woran er ist.
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