Börsen-Zeitung: Breuers Hilferuf, Kommentar von Claus Döring zur Kritik des Noch-Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Börse an den Hedgefonds
Frankfurt (ots)
Das zeichnet Spitzenmanager aus: sich nach Niederlagen nicht in Selbstzweifeln zu ergehen und lange zu fragen, was man vielleicht falsch gemacht haben könnte, sondern forsch mit dem Finger auf Schuldige zu zeigen. Es müssen ja nicht immer gleich Heuschrecken sein, zur Gruppe der Plagegeister gehören die kurzfristig orientierten Hedgefonds allemal. Da müsse man über strengere Gesetze ernsthaft nachdenken, schließlich ist es gefährlich, wenn sich die Hegdefonds zu Herren der Szene machen, warnt Rolf-E. Breuer, Noch- Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Börse, in einem Interview. Aufgepasst, liebe Dax-Vorstände, jetzt kann es jeden erwischen! Dieser Logik zufolge hat der Sturz des Vorstandschefs der Deutschen Börse, Werner Seifert, nichts mit eigenen Fehlern zu tun, sondern mit der Renditegier kurzfristig operierender Anleger. Eine Dolchstoßlegende ist im Entstehen. Dabei waren es nicht jene 13% Stimmrechte der beiden Hegdefonds TCI und Atticus, die Seifert zu Fall brachten, sondern die zusätzlichen etwa 20% von langfristig orientierten Investoren.
Ihr Kapital dürfen die Fonds gerne investieren nur mitreden, das sollen sie nicht. Denn das versetze die Unternehmen in Unruhe und schade dem Geschäft, meint Breuer. Solche Nachdenklichkeit ausgerechnet aus jenem Munde zu hören, der viele Jahre für die Öffnung der Märkte, der Unternehmen und für die Abschaffung der Deutschland AG gestritten hat, erstaunt. Die Niederlage gegen die opponierenden Aktionäre hat wohl das Weltbild erschüttert. Ausgerechnet das protektionistische Frankreich soll nun die Blaupause zum Bau von Schutzwällen gegen die unliebsamen Kurzfrist- Aktionäre liefern (vgl. Bericht Seite 3).
Die Herren Müntefering und Clement werden sich für diese Steilvorlage aus der Wirtschaft herzlich bedanken, kommt sie doch passgenau, um der Kapitalismus-Debatte nun die von der Parteibasis angemahnten gesetzlichen Konsequenzen folgen zu lassen. Wettbewerb und Globalisierung sind offensichtlich bei manchen Vorständen und Aufsichtsräten nur dann akzeptiert, wenn es um die Arbeitsplatzverlagerung anderer geht. Steht der eigene Stuhl auf dem Spiel, erschallt der Ruf nach dem Gesetzgeber. Der aber ist überflüssig. Das deutsche Aktienrecht kennt stimmrechtslose Vorzugsaktien und vinkulierte Namensaktien. Das reicht.
(Börsen-Zeitung, 12.5.2005)
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