Börsen-Zeitung: Was den Aktienmarkt treibt, Kommentar von Armin Schmitz zum Anstieg des Dax auf ein neues Dreijahreshoch
Frankfurt (ots)
Am deutschen Aktienmarkt kommt keine Sektlaune auf. Und das, obwohl der Dax mit 4608 Punkten den höchsten Stand seit Juni 2002 erreichte. Von Euphorie ist bei den Profis noch keine Spur. Auch von den üblichen optimistischen Prognosen der Analysten, die den Aktienmarkt nach einem Anstieg von 10% innerhalb von sechs Wochen immer noch als preiswert ansehen und ein Kursziel von 5000 Punkten prognostizieren, ist noch nichts zu sehen.
Die wirtschaftlichen Aussichten in Deutschland haben sich seit Anfang Mai, als der Dax noch bei 4160 Zählern stand, tatsächlich nicht wesentlich geändert. Das deutsche Wirtschaftswachstum lahmt weiterhin. Und ein eventueller Regierungswechsel wird die Ursachen sicherlich nicht innerhalb von Wochen beseitigen können. Der Treibstoff für die rasante Aufwärtsbewegung sind vielmehr die Eindeckungen von Leerverkaufspositionen von Profis, die erwartet hatten, dass der Dax das alte Jahreshoch von 4435 Punkten nicht überwindet und dann wieder zurückfällt. Zu den Anlegern, die ebenfalls nicht mit diesem Anstieg gerechnet hatten, gehören ferner die Depotmanager bei den Versicherungsgesellschaften. Aufgrund der schlechten Erfahrungen nach dem Platzen der Spekulationsblase hatte die bislang übervorsichtige Assekuranz ihren Aktienanteil extrem niedrig gehalten. Angesichts des bereits sehr weit vorausgeeilten Aktienmarktes müssen sie nun den Kursen hinterherlaufen und unterhalten damit die Rally. Erstaunlicherweise zeigen sie damit das gleiche prozyklische Verhalten wie Ende der neunziger Jahre. Das Ende ist bekannt. Ein anderes Verhalten wäre daher heute zu erwarten gewesen.
Nur die letzte Anlegergruppe, die Privatanleger, ist noch nicht zu sehen. Getreu dem Motto Gebranntes Kind scheut Feuer ist sein Interesse an den Aktien nahezu erloschen. So zeigen Umfragen, dass 70% der Anleger Dividendentitel als zu riskant ansehen und sich dem Aktienmarkt fern halten. Stattdessen boomt das Geschäft mit Garantieprodukten. Falls, wie erwartet, die Privatanleger den Aktienmarkt weiterhin meiden, fehlt dem Aufwärtstrend allerdings die weitere Unterstützung. Die Folge wird eine heftige Kurskorrektur sein, sobald die bisherigen Protagonisten ihre Aktivität einstellen. Möglicherweise kommt gerade deswegen keine Euphorie bei den Profis auf.
(Börsen-Zeitung, 16.6.2005)
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