Börsen-Zeitung: Drahtseilakt mit Netz, Kommentar zum Rating bei Unternehmen mit Staatsbeteiligung von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Eine ganze Reihe von Börsenschwergewichten hat gestern einen Extra- Schub von Moodys bekommen, nachdem die Ratingagentur europäische Konzerne mit Staatsanteil nach einer neuen Methode überprüft und vielfach hochgestuft hat. Indes die Deutsche Telekom spürte ebenso wie France Télécom nichts von einem verbesserten Sentiment wegen des Aufstiegs in der Moody s Skala. Beide Aktien standen unter Druck. Die Rating-Sensibilität des Telekom-Sektors hat in jüngster Zeit deutlich abgenommen. Dass etwa die Deutsche Telekom jährlich einen höheren zweistelligen Millionenbetrag spart, bringt die Anleger angesichts von Milliardenüberschüssen kaum in Wallung. Überdies hat der Bonner Konzern den Schuldenstand inzwischen unter den Wert des Eigenkapitals gedrückt, und damit auf ein Niveau, das angesichts üppiger Cashflows nicht länger besorgniserregend ist.
Den Bondholdern allerdings sind andere Zeiten noch in frischer Erinnerung. Vor gerade mal drei Jahren saßen die ehemals vollstaatlichen Monopolisten des Telekom-Sektors quer durch Europa bis zum Hals im Schuldenturm. Selbst namhafte Emittenten kämpften ums Überleben. Die Investoren konnten damals auch ohne akademische Methodenlehre den Unterschied zwischen Gesellschaften mit staatlichem Großaktionär wie France Telecom und solchen in komplett privater Hand wie die heutige BT Group oder KPN feststellen.
So spannte der französische Staat für die damals noch mehrheitlich kontrollierte France Télécom ein Auffangnetz, das den freien Fall in den Abgrund verhinderte: ein staatlich abgesicherter Kredit über 9 Mrd. Euro verhinderte kurzfristig den drohenden Default. Dagegen standen BT und KPN ohne Netz auf dem Drahtseil und mussten unmittelbar den Rettungsanker nach ihren Aktionären auswerfen und frisches Kapital in Milliardenhöhe eintreiben. BT allein benötigte gut 5 Mrd. Pfund und erkaufte sich den Beistand der Anteilseigner mit einer Amputation an Haupt- und Gliedern.
Dass ein Unternehmen mit Staatsbeteiligung dadurch ein geringeres Ausfallrisiko hat, liegt für die Investoren auf der Hand. Anschauungsbeispiele gab es in der Vergangenheit genug. Es wird überdies auch von den anderen Ratingagenturen berücksichtigt. Ein echter Erkenntnisgewinn ist die neue Moodys-Methode nicht.
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