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Börsen-Zeitung: Quiet Revolution, Kommentar von Walther Becker zur Abschaffung der 1933 eingeführten Schweigefrist von 30 Tagen vor einem Börsengang oder Secondary Offering in den USA

Frankfurt (ots)

„Investoren haben ein Recht auf Informationen,
wenn sie sich entschlossen haben, ein Wertpapier zu kaufen.“ Spät
kommt sie, doch sie kommt: Um zu dieser so simplen wie richtigen
Einsicht zu gelangen, hat William Donaldson seine gesamte Amtszeit
benötigt. Einen Tag bevor er seinen Posten als Chef der
US-Wertpapieraufsicht SEC aufgibt, hat der Republikaner eine
Revolution an den Finanzmärkten angezettelt. Es geht um die „Quiet
Period“, jene Zeit vor und nach einem Börsengang, in der Unternehmen,
die an den Aktienmarkt gehen wollen, einen Maulkorb erhalten. Noch
ist die Nachrichtenlage zu dem, was die amerikanische Aufsicht
konkret vorhat, nicht recht überschaubar. Doch ein Anfang ist
gemacht, die 1933 eingeführte Schweigefrist zu kippen. Die
Reformbestrebungen köcheln schon länger.
Die „Quiet Period“ soll Investoren auch in Internet-Zeiten noch
vor Kursmanipulationen schützen. Doch die Vorschriften benachteiligen
gerade die Kleinanleger. Denn die Institutionellen werden mit den
relevanten Daten auf jeden Fall und eben auch jederzeit gefüttert.
Stoff für Zoff hatte das IPO von Google geliefert. Die beiden
Gründer der Online-Suchmaschine hatten mit dem „Playboy“ geplaudert,
und das Männermagazin enthüllte deren Äußerungen mitten in der
verordneten Ruhephase.
Aus Angst vor möglichen rechtlichen Konsequenzen sind die
potenziellen Emittenten übervorsichtig, und das nicht nur in den
Staaten. Auch diesseits des Großen Teichs wird bei jedem Börsengang
darauf verwiesen, wie weit der Arm der SEC reiche. Ja, man legt gerne
noch eine Privatplatzierung nach Rule 144a drauf, um bei Medien und
Privatanlegern unter Hinweis auf diese US-Vorschrift mauern zu
können. Ihnen bleiben bloß die vergangenheitsorientierten
Emissionsprospekte. Für Profis gibt’s Einzelgespräche auf der
Roadshow.
Haben die Amerikaner nach Enron und Worldcom die Regulierung an
vielen Stellen weit überzogen, so sind sie mittlerweile in Ansätzen
dabei, die Anforderungen teilweise wieder zurückzudrehen. Die EU und
Deutschland als gute Zöglinge der USA sind dabei, die Übertreibungen
und Fehler im regulatorischen Umfeld noch einmal zu machen. Es wäre
zu wünschen, dass Brüssel und Berlin rasch auf eine mögliche
Liberalisierungsstrategie von Donaldsons Nachfolger einscheren.
Gerade auch in der „Quiet Period“.
(Börsen-Zeitung, 1.7.2005)

Rückfragen bitte an:

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Telefon: 069--2732-0

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