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Börsen-Zeitung: Commerzbank im falschen Film, Kommentar zu den von der Staatsanwaltschaft untersuchten Vorgängen bei der Commerzbank von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Die Commerzbank: eine Geldwaschanlage? Man
möchte – unabhängig von Institut und Personen, die im aktuellen Fall
betroffen sind – nicht glauben, dass die von der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und von Staatsanwälten
untersuchten Vorgänge unter den Augen mindestens eines
Vorstandsmitglieds abgelaufen sein können. Ist nicht das ganze
Gewerbe seit vielen Jahren in höchstem Maße sensibilisiert für die
Gefahr, von Kriminellen, Terroristen und sonstigen Unholden  dafür
missbraucht zu werden, schmutziges Geld aus obskuren Quellen
weißzuwaschen und in den legalen Kreislauf einzuschleusen? Und darf
nicht genau deshalb nicht passieren, was hier allem Anschein nach
geschehen ist?
Immerhin hat das nach der zunächst „aus persönlichen Gründen“
erklärten Mandatsniederlegung noch bis September amtierende
Vorstandsmitglied Andreas de Maizière nun die Verantwortung für
Verfehlungen von Mitarbeitern übernommen – ein angesichts der Schwere
der Beschuldigungen besorgniserregendes Schuldeingeständnis, wenn
auch keines im strafrechtlichen Sinne. Die „persönlichen Gründe“
zumindest erscheinen nun in gänzlich anderem Licht: Zwielicht. Die
Vermutung muss erlaubt sein, dass de Maizière von der BaFin ähnlich
zum Abgang „gefreiwilligt“ wurde, wie es auch in anderen
Zusammenhängen in der Bankenszene mitunter vorkommt.
Was nicht passieren darf, passiert dennoch, weil Verbrecher
leichtes Spiel haben. Nicht nur in der Commerzbank: „Einige“ Banken
hätten ihre Systeme nicht ausreichend an die Geschäfts- und
Risikostruktur angepasst, heißt es im BaFin-Jahresbericht im Kapitel
„Geldwäschebekämpfung“. 18 Sonderprüfungen, die 2004 veranlasst
wurden, führten zu diesem Ergebnis. Unzureichende
Früherkennungssysteme waren ebenso an der Tagesordnung wie
Organisationsmängel. Und das im Jahr 12 nach Verabschiedung des
„Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“.
Dieses Paragrafenwerk, so sollte man glauben, muss doch in Verbindung
mit den vom Kreditwesengesetz auferlegten Präventivmaßnahmen das
Bewusstsein der Verantwortlichen geschärft haben, dass mit einem Bein
im Gefängnis steht, wer sich auf einschlägige Machenschaften einlässt
bzw. in seinem Zuständigkeitsbereich zu wenig Vorsorge dagegen
trifft.
Was in der Commerzbank und ihrem Umfeld gelaufen ist, wäre, wenn
die Anschuldigungen nur halbwegs stimmen, ein ganz großes Ding. Denn
dann wären de Maizière und vier weitere aktuelle und frühere
Mitarbeiter in einen Skandal um veruntreute und gewaschene Millionen,
um kriminelles Tarnen und Täuschen, um einen in Bermuda registrierten
Fonds und eine russische Connection verstrickt: der Stoff, aus dem
die Träume derjenigen sind, die Drehbücher für Bankenkrimis
schreiben. Nur dass der Plot in diesem Fall real wäre.
Das würde auch für Commerzbank-Vormann Klaus-Peter Müller und
Aufsichtsratschef Martin Kohlhaussen die Frage aufwerfen, ob sie im
falschen Film sind. Inkriminiert sind Vorgänge aus den neunziger
Jahren. Müller, dem der(damit leicht übertreibende) Chronist vor fünf
Jahren bescheinigte, bis dato in Nowosibirsk bekannter zu sein als in
Frankfurt, war im Vorstand auch für Osteuropa verantwortlich. 1999
gab er diese Zuständigkeit an de Maizière ab. Kohlhaussen stand als
Vorgänger Müllers zehn Jahre lang an der Spitze der gelben Bank.
Sollte sich im Zuge der Ermittlungen herausstellen, dass bei der
Commerzbank einmal mehr – nach dem erst vor zwei Jahren gegen eine
hohe Nachzahlung, happige Geldbußen und einen Strafbefehl
eingestellten Steuerverfahren – nicht alles mit rechten Dingen
zugegangen ist, gäbe es zwei Alternativen: Müller und/oder
Kohlhaussen haben von den Verfehlungen, für die jetzt de Maizière die
Verantwortung übernahm, gewusst. Dann würde es auch für sie ganz
schnell ganz eng. Oder aber sie haben, und dieser Eindruck wird zu
erwecken  versucht, nichts von den Ermittlungen, deren Anlass und
Gegenstand gewusst – sogar bis vor wenigen Tagen. Was dann auch nicht
gerade  eine sonderlich ermutigende Vorstellung wäre.
Man kann dem Führungs- und Aufsichtspersonal der Commerzbank
mithin nur wünschen, dass sich alle Beschuldigungen und daraus
abzuleitenden Schlussfolgerungen – jedenfalls soweit sie diese Ebenen
betreffen – als haltlos erweisen. Dann bliebe schlimmstenfalls
hängen, dass ein Vorstandsmitglied für Mitarbeiter, die sich etwas
zuschulden kommen ließen, den Kopf hingehalten hat. Das mag gerade
noch als honoriges Verhalten durchgehen. Dann würden Beobachter wohl
auch über die zum wiederholten Male verunglückte Kommunikation
hinwegsehen; es erfordert ja schon ein extrem entspanntes Verhältnis
zur Wahrheit, die ursprüngliche Erklärung zum Ausscheiden de
Maizières nicht in die Rubrik Ammenmärchen einzuordnen – um nicht
deutlicher zu werden.
Viel mehr allerdings sollte an der Sache nicht dran sein. „KPM“
ist nicht nur Chef einer deutschen Großbank, sondern seit März dieses
Jahres als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB)
zugleich höchster Repräsentant des privaten Kreditgewerbes. Für beide
Positionen darf in unmittelbarer Nähe zu seinem Schreibtisch nicht
der Hauch eines Verdachts von jener Dimension bleiben, wie sie hier
in Rede steht.

Rückfragen bitte an:

Börsen-Zeitung
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Telefon: 069--2732-0

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