Börsen-Zeitung: Das Wunder von Berlin, Kommentar von Bernd Wittkowski zu den Zahlen und Aussichten der Bankgesellschaft Berlin
Frankfurt (ots)
Nur vier Jahre ist es her, Rolf Breuer hatte das K-Wort noch nicht ausgesprochen und Merrill Lynch noch nicht von japanischen Verhältnisse in Deutschland gemenetekelt, da stand das deutsche Bankgewerbe wirklich am Rand der Krise. Die Bankgesellschaft Berlin war praktisch pleite. Das sprach sich herum, Geschäftspartner überprüften die Kredit- und Geldhandelslinien, es grassierte die Angst vor einer Kettenreaktion. Die Auswirkungen des Phänomens, das später als branchenweite Ertragskrise erkannt wurde, waren Quisquilien gegen das, was Deutschland drohte, wäre die Berliner Fehlkonstruktion tatsächlich zusammengebrochen. Milliardenschwere Rettungsaktionen auf Kosten der Steuerzahler haben dies und damit noch schlimmere Folgen der übelsten Bankenschieflage in der Geschichte der Bundesrepublik verhindert. Schon die Bankgesellschaft, die ja nach dem Willen ihrer Väter erst noch eine richtige Großbank hatte werden sollen, war too big to fail.
Es geht hier nicht darum, alte Wunden aufzureißen. Das geschieht schon bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der jüngeren Berliner Bankgeschichte mehr, als den heute in der Verantwortung Stehenden lieb sein kann. Nein, die Rückblende hilft, richtig einzuordnen, was seit 2002 passiert ist. Der aktuelle Zwischenbericht zeugt davon. Um nur eine Position herauszugreifen: Da stehen fürs erste Halbjahr als Risikovorsorge 81 Mill. Euro und nach Verrechnung mit dem Ergebnis aus der Liquiditätsreserve sogar nur 20 Mill. Euro zu Buche; selbst damit wurde noch mehr getan als nötig. Mit Blick auf frühere Horrormeldungen traut man seinen Augen kaum. Einst war es normal, dass die Bank an dieser Stelle pro anno hohe dreistellige Millionenbeträge versemmelte, im Jahr 2000 sogar 1,6 Mrd. Euro.
Bevor Jubel ausbricht: Kennzahlen wie Eigenkapitalrendite und Cost- Income-Ratio sind noch äußerst bescheiden. Es gibt auch große Enttäuschungen im Quartalsausweis, wie den Verlust aus Finanzgeschäften. Gleichwohl: Die Ertragswende, Stabilisierung und Restrukturierung, die der Bankgesellschaft unter Führung von Vorstandschef Hans-Jörg Vetter einem Glücksfall für das Institut schon bisher gelungen sind, erscheinen wie ein Wunder von Berlin. Bitte mehr davon! Dann wird die Bankgesellschaft bis zum Rückzug des Landes 2007 eine richtig schnieke Braut, und die Freier werden Schlange stehen.
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